Gute Presse

Es ist ja immer ein wenig Glückssache, wie eine Zeitung berichtet, ob Namen richtig sind, Fakten stimmen. Diesmal stimmte alles, sachlich richtig und gut und freundlich formuliert, beschrieb der Text meine geplante Lesung in Telgte. Okay, eigentlich kein Wunder, denn schließlich hatte ich den Text selbst verfasst.

Eigenes Bild, erstellt mit AI

Geld und gute Worte

Geld und gute Worte

Es mag dem einen oder der anderen nicht entgangen sein, dass ich ein kleines Buch mit weihnachtlichen Texten in einer überarbeiteten, korrigierten und überhaupt grandiosen Ausgabe veröffentlich habe. In einer Welt, in der es von Büchern, Podcasts, Serien und schlechten Nachrichten schon mehr als genug gibt, hat es ein nettes kleines Buch nicht leicht, wenn es anständig bleiben will und deshalb muss es sich verkaufen. Zum Glück gibt es Menschen, die einfach vergessen haben, dass sie schon vor einem Jahr „Ich mit fremden Federn“ gekauft haben und die deshalb den gleichen Fehler wieder begehen.

Das reicht natürlich nicht. Wobei ich leider nicht sagen kann, was genau reichen würde, aber ich denke, das merke ich dann schon. Also rühre ich die Werbetrommel. Was auch immer das heißen mag. Jedenfalls – und das wollte ich erzählen – habe ich auf dem Heimweg vom Zahnarzt einer unserer Lokalzeitungen – wir gehören zu den selten werdenden Zweizeitungskreisen – einen spontanen, gut vorbereiteten Besuch abgestattet.

Spontan, weil ich mich mit diesem Schritt überraschen musste, sonst hätte ich ihn nicht getan, gut vorbereitet, weil ich wohlweisslich, ein Wort, das sicher nicht mit dem Kohlweißling verwandt ist, auch wenn man es schmettern sollte, nun, gut vorbereitet, weil ich ein Exemplar besagten Buches und einen selbstverfassten PR-Text in die Tasche gesteckt hatte, jene Tasche, die ich ohne guten Grund auch nie mit mir herumschleppe.

Tatsächlich fand sich niemand, der mir Text und Buch abnehmen wollte, wohl aber jemand, der in der Lokalredaktion anrief. Wenig später fand ich mich mitten im Gespräch mit einer freundlichen Volontärin, die sich viel notierte, ein paar Fotos von mir machte und mich leicht zerzaust wieder vor die Tür setzte. Tatsächlich erschien nur zwei Tage später ein großer Artikel über mich, zu dem mir von praktisch allen, die mich kennen, gratuliert wurde, als hätte ich irgendetwas geschafft.

Menschen sahen mich anders an, plötzlich war ich die Nummer zwei auf der Liste der bekannten Persönlichkeiten, die in unserer Wohnung leben. Platz drei ist aktuell nicht besetzt, wir wohnen hier zu zweit. In einem Anfall von Kühnheit hatte ich auch schon einer bekannten Buchhändlerin, also einer mir bekannten Buchhändlerin, die klug, freundlich und ein Organisationswunder ist, ein Exemplar besagten Büchleins geschenkt, ohne damit konkrete Erwartungen verbunden zu haben, aber nicht, ohne heimliche Hoffnungen zu hegen.

Prompt bot sie an, mir eine Lesung anlässlich des Telgter Dreiklangs zu ermöglichen. Man muss nicht wissen, was der Telgter Dreiklang ist, es sei denn, man wohnt in Telgte oder dem Umland, aber man muss wissen, dass das meine erste eigene Lesung ist, eine Lesung ohne den Schutz der Gruppe, nur ich, also nicht nur ich, Lauritz, ein Saxophonist, wird auch von sich hören lassen und wenn er gut ist, ist schon mal einer gut.

Weil es nun mal lief, machte ich gleich auch noch einen Termin beim Jour Fixe aus, der offenen Bühne, die einmal im Monat in Warendorf stattfindet und bei der wir als Schreibwerkstatt auch schon zu Gast waren. So eine Bühne ist ja noch mal eine ganz andere Sache, auch wenn man den Fuß nur leicht heben muss, um sie zu erklimmen. Es gelang mir tatsächlich, meinen Text unfallfrei über die Bühne zu bringen, mir ein paar Klatscher und ein paar mehr oder weniger freundliche Worte in den Zeitungen abzuholen. Und einen Flaffel, das Maskottchen des Jour Fixe, dass jede Gruppe und jeder Solist für seinen oder ihren ersten Auftritt erhält.

Die Verkaufszahlen von Ich mit fremden Federn befinden sich immer noch im hohen einstelligen Bereich. Also nicht pro Tag oder so, sondern insgesamt. Aber das wird schon noch, denn jetzt muss ich Texte für Telgte auswählen, aus einem Buch, das, während ich zu entscheiden versuche, ständig dünner zu werden scheint.

Osterbrink macht Augen (3)

Rüdiger Wölk This photo was taken by Rüdiger Wölk. Münster. CC BY-SA (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)

Dritter und letzter Teil

Teil 1

Teil 2

Osterbrink, dessen bisher erste und einzige Begegnung mit den Alltagsmenschen sehr rauschhaft verlaufen war und der deshalb keine gerichtsverwertbaren Erinnerungen an dieses Ereignis mehr besaß, war beeindruckt. Weniger von Toni Schulte Zumbrook, die er zunächst kaum zur Kenntnis genommen hatte, obwohl…  Groß, stämmig, von gesunder Gesichtsfarbe, fast immer mit einem Lächeln im Gesicht, ja, von einer schier überirdischen Heiterkeit, all das traf neben den gemütlich rundlichen Touristenmagneten auch auf seine Stadtführerin zu.

So viele neue Eindrücke, dazu die Last der Verantwortung, Osterbrink musste sich sammeln. Vor einer kleinen Buchhandlung, in deren Schaufenster eine Skulptur stand, die ihn sehr an den Landrat erinnerte, wie sollte man denn so nachdenken? Vor einem Restaurant, dessen Speisekarte ihn an die Uhrzeit und seinen leeren Magen erinnerte. Nein, auch kein Ort, um einen klaren Gedanken zu fassen. Schließlich vor den Auslagen eines Herrenausstatters, die ihn völlig kalt ließen und da sah er sie, die freundlichen Riesen, die sich in Normalgröße spiegelten. Davor ein kleineres, rundliches Paar, das in Formen und Farben dazuzugehören, Teil der Inszenierung zu sein schien und als jetzt auch noch versuchsweise ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht erschien, konnte er nicht anders, als Toni Schulte Zumbrooks Hand zu ergreifen und mit dem Sommer, der Stadt und den Alltagsmenschen zu verschmelzen. Freundliche Betonköpfe, standhaft und zerbrechlich zugleich, gestellt in eine Welt, die sie nicht verstanden. Hatte er das wirklich gedacht? Er würde sich das aufschreiben müssen, später.

Jessica Wagenkötter, die per Zufall Zeugin dieser Szene geworden war, während sie in einem Bistro einen kleinen Salat mit Grünkohlpesto und Mettwurststückchen verzehrte, verschüttete vor Freude glatt ein wenig Grauburgunder. Osterbrinks Date erwies sich offenbar als echtes Update. Aber man soll die Mahlzeit nicht vor dem Nachtisch, den Tag nicht vor dem Abend loben, denn nur wenige Schritte weiter stieß das Paar, sich der verschränkten Hände durchaus bewusst, aber unfähig, als Erste oder Erster wieder loszulassen, auf eine gut gelaunte Männergruppe, die, den Coronaregeln trotzend, offenbar von einer vermutlich feucht-fröhlichen Weiterlesen

Osterbrink macht Augen (2)

Von User Kapitän Nemo on de.wikipedia – eigenes Foto, freigegeben zum weiteren Gebrauch, Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=1218939

Zweiter und vorletzter Teil

zu Teil 1

Seit einiger Zeit bekam Osterbrink nämlich Mails von Polizeipsychologinnen, Versicherungsvertretern und Immobilienmaklern, die er sich nicht erklären konnte, einmal sogar von einer Kollegin aus Gütersloh, die sich aber nach einem kurzen Austausch per Mail auf den Corona-Lockdown berief und nie wieder schrieb. Er konnte ja nicht ahnen, dass Jessica Wagenkötter für ihn ein Profil auf dem Datingportal der Polizei, der Bullenbörse, erstellt hatte.

Es war ja nicht so, dass Osterbrink darunter litt, keine Frau, keine Freundin und nicht einmal eine Exfrau oder Exfreundin zu haben. Kurzzeitig hatte der Kommissar sogar als begehrtester Single zwischen Axtbach, Mussenbach, Werse und Ems gegolten, weil es hieß, er werde bei „Mario Barth deckt auf“ ganz groß rauskommen. Es war dann auch was rausgekommen und um ein Haar wäre Osterbrink strafversetzt worden. Aber er war ja schon bei der Kreispolizeibehörde in Warendorf. Jedenfalls hatte sich in der Folge sein Status bei Facebook von Single zu „unvermittelbar“ verändert. Seine Unbeweibtheit war ihm bisher eigentlich nicht einmal groß aufgefallen. Aber diese kurze Phase, in der ihn Frauen anriefen, um sich mit ihm zu verabreden und, das hatte er schnell raus, Karten für die Mario-Barth-Fernsehaufzeichnung zu bekommen, hatte ihm verdeutlicht, das ihm möglicherweise etwas fehlte. Immer hieß es nur Osterbrink hier, Osterbrink da und manchmal sogar: Osterbrink! Niemals sagte jemand Bernhard und so hatte er fast seinen Vornamen vergessen.

Jessica Wagenkötter, die letztlich für das folgende Schlamassel verantwortlich war, hatte Osterbrink, als er sich unbeobachtet Weiterlesen

Driessen liest vor

Dietmar Rabich / Wikimedia Commons / „Telgte, Clemenskirche und Gnadenkapelle — 2014 — 8455“ / CC BY-SA 4.0

Martin Michael Driessen sagte mir nichts, aber die Buchhändlerin unseres Vertrauens hatte ihn zu einer Lesung in Telgte eingeladen und wir wollten sie nicht mit einem fremden Mann allein lassen.

Sie war dann auch nicht allein. Für Coronazeiten war der Veranstaltungsraum gut besucht, zu anderen Zeiten hätten auch nicht mehr Leute Platz gefunden.

Gleich neben der Gnadenkapelle in einem schönen alten Raum mit Stühlen, die auf dem unebenen Steinboden wackeln, saß Driessen vor dem Kamin. Ein älterer Herr, also jünger als ich, aber mehr Herr. Ein Niederländer mit deutscher Mutter und langer Berufstätigkeit als Theater- und Opernregisseur in Deutschland, der jetzt in einem Hausboot in Rotterdam lebt.

Driessen liest und plaudert gern. Seine Tätigkeit als Regisseur hat seinen Blick auf Texte geprägt, er weiß, wie Texte funktionieren und welche Funktion bestimmte Textteile erfüllen. Das führt dazu, dass er nicht nur liest, sondern gleich die Interpretation mit liefert. Er beschreibt, warum er was wie gemacht hat und was er sich dabei gedacht hat, was ihm schwer fiel (ein Mord) und was mit eigenem Erlebnissen zu tun hat. Es macht Spaß, ihm zuzuhören. Er liest langsam, nicht, weil ihm die Sprache Mühe bereitet, sondern weil er die Sätze wirken lassen will. Auch das erklärt er, will den Lesefluss verlangsamen mit sperrigen Begriffen, mit fremdsprachlichen Zitaten. Er kommentiert sich.

Ein schöner, ein langer Leseabend. Das Buch „An den Flüssen“, ein schmales Bändchen mit einer längeren Kurzgeschichte und zwei ganz kurzen Romanen, wie Driessen sagt, haben wir gekauft. Ich habe es noch nicht gelesen. Noch habe ich Driessen zu sehr im Kopf, um  eigene Bilder und eigene Töne für seine Texte finden zu können.

Osterbrink und das Abkratzen in Telgte

Immer wenn es spannend wurde, übernahmen die Kollegen aus Münster. Im Umkehrschluss bedeutete das wohl, dass es wieder mal um Killefitt ging. Kommissar Osterbrink trank den letzten Schluck Kaffee aus dem Pappbecher und stieg in Telgte aus dem Zug der Eurobahn. Nicht mal einen Dienstwagen hatte er bekommen, der Fall schien in seiner Dringlichkeit noch hinter der mutwilligen Verschmutzung der öffentlichen Toiletten am Marktplatz zu rangieren.

Die zwanzigminütige Bahnfahrt hätte natürlich gereicht, um sich mit den Details vertraut zu machen. Immerhin hatte Osterbrink die Mappe mit den Unterlagen in seiner Aktentasche. Ausgerechnet diesmal bekam er aber einen Sitzplatz mit Kopfhöreranschluss. Er hatte sich durch alle Sender geschaltet und war schließlich bei einer Reportage

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Querzeit

Querzeit,  ich zitiere einfach mal ihre Selbstdarstellung: „… ist die Seite einer freien und unabhängigen Gruppe bestehend aus Künstlern, Kulturschaffenden, Visionären und Autoren aus verschiedensten Lebensbereichen. Das Ziel ist eine selektive Berichterstattung zur Schärfung der kulturellen, politischen und gesellschaftlichen Wahrnehmung, der konstruktiven Meinungsbildung und des Denkens quer zur Zeit. Lasst aus Gedanken Visionen werden!“ war so nett, mir den Raum zu bieten, meine aktuellen Veröffentlichungen auch einmal außerhalb meines eigenen Blogs zu präsentieren. Dafür habe ich einen kleinen Text gebastelt und ein paar Bilder bereit gestellt.

Mein Thema in der Querzeit ist wieder einmal das lästige Marketing. Letztlich geht es immer wieder darum, dass es kleine Verlage sind, bei denen meine Texte erscheinen. Diese Verlage geben sich Mühe, die Bücher unters Volk zu bringen, aber sie erwarten dabei ein wenig Unterstützung. Als gelernter Kaufmann kann ich mich betriebswirtschaftlichen Erwägungen nur schlecht entziehen, aber ich bin kein geborener Verkäufer. Man findet mich also nicht in den örtlichen Buchhandlungen mit einem Stapel der Neuerscheinungen – obwohl ich genau das wohl tun sollte. Also schreibe ich, nachdem ich schon einen Text für eine Anthologie geschrieben habe, einen weiteren Text, damit jemand davon erfährt, dass es diese Anthologie gibt, gebe diesen Text jemanden, der dann schreibt, dass ich diesen Test geschrieben habe, der auf meinen Beitrag in der Anthologie verweist. So ungefähr.

Termine: Osterbrink live

ausrufer 001Wozu so ein Blog doch gut ist: Googelt man meinen Nachnamen, der nun wahrlich nicht weit verbreitet ist, erhält man rund 2.060.000 Ergebnisse. Leider (oder vielleicht auch zum Glück) haben die meisten Treffer nichts mit mir zu tun. Es geht um eine Band, einen Schauspieler, diverse tschechische Menschen, die meinen Nachnamen einfach als Vornamen verwenden und endlos viele finnische Rezepte, in denen Butter verwendet wird. Ach so: Butter heißt auf Finnisch Voita. Selbstverständlich gibt es auch Schreibvarianten.

Wenn man aber weiß, was man sucht und nicht so schnell aufgibt, findet man auch meinen Blog. Warum man mich suchen sollte, werde ich nicht weiter ausführen, dass sollten Sie schon selber wissen! Brigitta Brand –  http://www.bucheum.de/-  suchte mich jedenfalls, weil sie ebenfalls zu den Autorinnen und Autoren gehört, die mit einer Geschichte in der Anthologie „Im Herzen Westfale“ vertreten sind. Brigitta Brand kam auf die schöne Idee, ein paar dieser Autorinnen und Autoren zusammen zu trommeln und eine Lesung zu organisieren.

Am 10.01.2015 werde ich in Telgte meine Geschichte „Schöne Bescherung für Osterbrink“ einem hoffentlich großen, noch hoffentlicher (ich weiß, dass man hoffentlich nicht steigern kann) aber aufmerksamen und wohlwollenden Publikum präsentieren. Ich freue mich drauf!