Marinus Pütz führt uns durch Amsterdam, am zweiten Tag unseres Aufenthalts in der Stadt. Schon am Freitag sind wir angereist und wieder einmal Stunde um Stunde durch die Stadt geschlendert. (Ulla Meinecke: Schlendern ist Luxus).
Haarlemmerstraat und Haarlemmerdijk. Dabei wusste ich nicht mal, dass diese Straße, ja, es ist nur eine, die Haarlemmerstraat heißt ab einem bestimmten Punkt einfach Haarlemmerdijk, auch noch zum Jordaan gehört. Gegoogelt natürlich.
Und wie immer einmal zu oft hingeschaut, denn mich interessiert ja die Literatur in Amsterdam. Genau zu diesem Thema endet am 30.08.2016 eine Ausstellung im Jordaan, der übrigens von einer verwahrlosten Arme-Leute-Gegend zu einer sehr gefragten und schönen Wohngegend geworden ist.
Nicolaas Matsier hat hier gewohnt, der in Deutschland mit dem Roman ‚Selbstporträt mit Eltern‘ bekannt wurde. Verpasst. Nicht Nicolaas Matsier, sondern die Ausstellung zum Thema Literatur über den Jordaan. Wenn ich mich mit einem Thema beschäftige, springt mich das Material geradezu an und ich will mehr und noch mehr wissen und nichts verpassen.
Amsterdammer sind sehr entspannt, sehr ‚easy going‘ was vermutlich eine unzulässige Verallgemeinerung ist und nur wiedergibt, was mir ständig unter die Nase gerieben wird. Aber ich mag dieses Vorurteil und finde immer wieder Beispiele dafür. Gerade im Haarlemmerdijk. Beliebte Einkaufsstraße? Möglicherweise, aber es ist nicht überfüllt, die Leute sitzen vor den Cafés und Coffeshops, Köche aus aller Welt scheinen sich hier versammelt zu haben.
Kneipen: Marinus zeigt uns die Literatenkneipen der Stadt, die Bühnen, auf denen der literarische Nachwuchs des Landes seine ersten Gehversuche macht, erklärt uns, dass Amsterdam ein unerschöpfliches Thema der modernen niederländischen Literatur ist. Gut, Berlinromane gibt es auch reichlich.
Kneipen? Da war doch was! Joseph Roth, der sich von seinem Hotel in der Warmoesstraat mit einem Boot auf die andere Seite bringen ließ, Damrak 62. Das war die Adresse des Verlags Allert de Lange. Neben dem Querido-Verlag war Allert de Lange der wichtigste Herausgeber für deutsche Exilautoren.

Hermann Kesten und Walter Landauer
Fritz H. Landshoff, Amsterdam, Keizersgracht 333, Querido Verlag…
(Berlin, 1991) p. 175
Walter Landauer und Hermann Kesten, beide zuvor beim Gustav Kiepenheuer Verlag in Berlin als Lektoren tätig, leiteten die deutschsprachige Sparte des Verlages. Und auch das gehört zum Thema Literatur in Amsterdam – und zur Geschichte der deutschen Literatur: Einige Jahre nach dem Einmarsch der Deutschen in den Niederlanden wurde Walter Landauer festgenommen und verhungerte 1944 in Bergen-Belsen.
Teil 5
Teil 3