Meine Frau hatte eine Bank gewollt. Gewollt klingt so grob, so nach „Ich will aber“, so ist meine Frau aber überhaupt nicht. Sie ist mehr der „Wäre es nicht schön, wenn wir da eine Bank hätten?“-Typ. Sie möchte etwas, aber man kann ja schlecht sagen, meine Frau hatte eine Bank gemöchtet. Hätte eine Bank gemocht? Hatte sich eine Bank gewünscht? Wünscht man sich etwas von sich selbst? Man wünscht doch etwas von jemanden, von jemandem, der Wunschpunkte hat wie das Sams oder Geld, nein, nicht wie ich. Das fängt ja schon mal gut an. Jedenfalls: Wir haben jetzt eine Bank.
Der Wunsch traf uns im Herbst, zu einer Zeit, in der die Gartenausstatter und Terrassenbestücker sich in die Innenräume zurückgezogen haben und Feuerkörbe, Heizpilze oder etwas in der Art anbieten. Nichts, was unser, also das Herz meiner Frau begehrte. Manche hatten eine Bank, also tatsächlich eine, da hieß es dann, friss oder stirb. Wobei eigentlich nur Holzwürmer vor dieser grausamen Wahl stehen sollten. Wir mochten die Bank nicht, also nicht auf die Art, wie Holzwürmer sie vielleicht nicht gemocht hätten, sie gefiel uns nicht und so machten wir uns auf eine lange Reise durch das herbstliche Münsterland, das ich jedem empfehlen kann, auf dessen ausführliche Beschreibung ich hier aber verzichte.
Was soll’s, ich versuche gar nicht erst, künstliche Spannung aufzubauen, ich habe es ja schon verraten: Wir fanden eine Bank, die unseren Vorstellungen entsprach und einige Zeit später wurde sie auch geliefert. Eine große, massive Bank, richtig aus Holz, schwer und gemacht aus artgerecht gehaltenem Holz, das Zeit hatte zu reifen und zu gedeihen und schließlich, ach, ich mag es mir nicht ausmalen, was da wo passiert sein muss, damit unsere Bank glatt gehobelt und geschmirgelt, mit einem komfortablen Polster versehen bei uns… nein, nicht im Garten, sondern zunächst unter einem Vordach landete. Es gab nämlich einen Flecken unter einer großen Eiche, der geradezu nach einer Bank rief, einen Ort, warm im Frühling, schattig im Sommer, geschützt im Herbst und im Winter… aber wer will im Winter schon auf einer Bank sitzen? Dieser Ort war wie für die Bank gemacht, denn die Eiche mit ihrer breiten Krone hatte dafür gesorgt, dass dort kein Grashalm ohne massive gärtnerische Unterstützung existieren konnte.
Damit die feinen Beinchen unserer neuen Bank nicht auf der unangemessen schmutzigen Erde stehen mussten, wandten wir uns an einen Gärtner, der uns einen Entwurf machte, wie unser Garten künftig um die Bank herum angelegt werden könnte. Bis auf die Palmen, den Teich, die weißen Kieswege und die kleinen Brücken akzeptierten wir seinen Entwurf und ließen eine angemessen große Fläche pflastern.
Hatte ich meine Bedenken schon erwähnt? Ich bin mir sicher, schon zu Beginn, also vor dem Kauf der Bank, auf einen kleinen Nachteil des bevorzugten künftigen Standorts des Holzmöbels hingewiesen zu haben: Die Tauben, die auf den Zweigen der Eiche über genau dieser Stelle zu sitzen pflegen, wie sag ich das jetzt, sitzen eben nicht nur dort, sondern lassen, was sie nicht mehr halten wollen oder können, fallen. Oft und reichlich. Die gepflasterte Fläche veränderte dementsprechend rasch ihre Farbe von einem hellen Betongrau zu einem Taubenkackeweiß, später dann zu Schmutzigbraungrauschwarz.
Völlig unmöglich, unsere neue Bank, von der wir noch jeden Tautropfen sorgfältig abgetupft hatten, unter das Taubenklo zu stellen. Was sag ich Klo, ein Donnerbalken war das im wahrsten Sinne des Wortes, der von mehreren, mindestens aber vier dicken und dickfelligen Tauben genutzt wurde, Tauben, die weder auf Zurufe noch auf Gesprächsangebote reagierten. Kann ein Federtier dickfellig sein? Falls nicht, braucht es unbedingt einen Begriff für das hüftsteife Herumgewackele, das lahme, raschelnd, klatschende Auffliegen, das monotone Gerufe… ja, ich weiß, dass Tauben angeblich gurren, aber was ich da höre sind schlechte Kuckucksimitationen, die mit erschütternder Ausdauer vorgetragen werden.
Nein, vergiften war von Anfang an keine Option. Auch wenn sich die Welt um uns verändert hat, wir lehnen auch den Einsatz von Schusswaffen gegen die Biester ab. Vergrämen mit irgendwelchen Stoffen, wahrscheinlich Löwenkot, lehnen wir auch ab, unsere, ich sag schon unsere, als würden sie zur Familie gehören, also unsere Wühlmäuse waren auch resistent gegen alles, da werden Tauben doch nicht nachgeben, nur weil wir ein paar Euro für eine besondere Duftnote springen lassen.
Der letzte Tipp, den wir bekamen, hieß Lebendfalle. Ich versuche gar nicht erst, die Technik zu beschreiben, die dazu führen soll, dass die Taube, also jedes Mal genau eine, in den Gitterkasten wackelt und dort bleiben muss, bis wir sie wieder in die Freiheit entlassen. Weit weg von hier. Tauben sollen einen ganz hervorragenden Orientierungssinn haben, es ist also anzunehmen, dass sie, wenn wir sie, sagen wir mal nach Bielefeld bringen würden, schneller wieder hier wären, als wir das schaffen könnten, wegen der Luftlinie und dem Fehlen von Staus. Aber meine Frau ist demnächst Pensionärin und dann können wir richtig weit weg fahren. Die Frage ist nur, ob wir Bock darauf haben, Tauben mitzunehmen. Vielleicht suchen wir uns einfach nur Urlaubsorte mit schönen Holzbänken.