67 Kilometer sind für einen Fluss nicht so richtig viel, obwohl die Pader es mal gerade auf vier bringt und dennoch als Fluss durchgeht und einer Stadt – richtig: Paderborn – ihren Namen gibt. 67 Kilometer sind ganz okay. Sie reichten sogar aus, um den Werseradweg zu entwickeln. Der ist – Überraschung – 125 Kilometer lang. Man fängt einfach etwas früher an und fährt noch ein bisschen weiter und auch mal etwas flussferner, kriegt man schon hin.
Bevor nun jemand auf den Gedanken kommen könnte, sich für seine Touren einen etwas längeren Fluss zu suchen, will ich ein bisschen Reklame für die Werse machen. Sie ist nämlich schön. Schön schmal, schön leise, mal rechts, mal links des Weges, flach, mit dicken Steinen darin, die ein Überqueren möglich machen, mit Stromschnellen, okay, zugegeben, künstlich angelegten Stromschnellen, mit Fauna und Flora. Mit Graureihern, die sich in ihrer etwas nörgelig wirkenden Altmännerhaltung an einem kleinen Hügel versammeln, mit Kühen und Kälbern in den Farben der Saison, mit Ponys und Fohlen und Pferden, mit kleinen Mädchen, die stolz ihre ersten Reitstunden nehmen und vielen Rentnern, die mit ihren E-Bikes und unangepasster Geschwindigkeit die schmalen Wege noch schmaler wirken lassen. Mit Bauernhöfen und Kirchtürmen, mit Brücken und steilen Ufern.
Von Angelmodde nach Rinkerode, das war unsere Tagestour. Und zurück von Rinkerode nach Angelmodde. Ortsnamen, die klingen, als hätten ihre Wurzeln schon in der sumpfigen Ursuppe gestanden. Leider können die Orte trotzdem nicht mit der Flussromantik mithalten, weil unsere Automobilität ihre Ortskerne in Durchgangsstraßen verwandelt hat.
Rinkerode hat gerade mal dreieinhalbtausend Einwohner, einen Bahnhof und eine Bundesstraße. Münster ist nicht weit. Jeder grüßt. Eine Handvoll schöner alter Häuser, die hübscheste Sparkasse des Münsterlandes, eine Kirche, Kneipen, die alle noch geschlossen sind. Jeder grüßt.
Bei Tage wird hier nicht öffentlich getrunken. An der Durchgangsstraße, die reichlich und zügig befahren wird, eine Bäckerei und ein Fleischer, ein umzäuntes Grundstück, demnächst entsteht hier exklusiver Wohnraum. Mit einem Becher Kaffee und einem Liebesknochen, so heißt das Gebäck, knochentrocken übrigens, wieder auf die andere Straßenseite, zwei Bänke, ein voller Papierkorb, ein Brunnen, kein Trinkwasser, aber ohnehin abgestellt. Jeder grüßt.
Dörfliche Ruhe gibt’s hier nicht mehr, aber wer nicht gerade mit dem Fahrrad kommt, merkt das vielleicht nicht mal. Der letzte Happen des Liebesknochens, der mit der Schokolade, mundet dann doch. Und dann ist da ja auch noch der Rückweg.
Bild von I, Jkl-foto, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2491478