Auf ausgetretenen Pfaden

Auf ausgetretenen Pfaden

Warendorf hat keinen Bahnhof, was nicht bedeutet, dass Warendorf nicht an das Schienennetz angeschlossen ist. Das ist es sehr wohl, nur hat es eben keinen Bahnhof, weil der 1995 abbrannte. Was da abbrannte, war der neue Bahnhof, während der alte Bahnhof, der 1902 stillgelegt wurde, noch immer besteht. Nur eben nicht als Bahnhof. Dabei hatte man wegen des neuen Bahnhofs sogar die Gleise verlegt. Für einige Zeit war Warendorf eine kleine Spinne im Netz der Eisenbahn oder zumindest ein Knotenpunkt zwischen zwei Linien: der, die von Bielefeld nach Münster führte und der nach Neubeckum. Die Strecke nach Münster gibt es noch, die andere – über die der Pängel Anton dampfte –  hat man 1956 stillgelegt. Wie viele andere Bahnstrecken in Deutschland, wurde auch diese zumindest in Teilen später zu einem Radweg umgebaut.  Unter http://www.bahntrassenradeln.de/ finden sich viele solche Routen.

Darüber schreibt man natürlich keinen Text, oder doch, hab ich schon mal, über eine Tour durch die Eifel, aber da wo man wohnt, kennt man sich ja aus und macht so was nicht. Also wir schon, weil wir hier zwar wohnen, aber keine Alteingesessenen sind.

Bringen wir etwas Ordnung in diesen Text: Wir waren eingeladen worden und hatten uns vorgenommen, einen Teil des Weges mit dem Rad zu fahren, was wir, stolz auf unseren sportlichen Ehrgeiz, sogleich auch kommunizierten und gleich ein paar gute Tipps für die Streckenführung erhielten. Über den Römerweg und den Clemens-Ruhe-Weg. Und dann ab Ennigerloh quer durch. Den letzten Teil der Botschaft verstanden wir sofort, zum ersten Teil nickten wir wissend. Und googelten anschließend. Wie zu erwarten, gab es den Römerweg und den Clemens-Ruhe-Weg. Nur eben nicht auf der Landkarte.

Gibt man sich mit dieser Auskunft zufrieden, wirft sein Navi an und fährt los, kommt man ziemlich sicher an. Gibt man sich aber nicht zufrieden, ist man selber schuld. In Schuld,  wie es auch immer wieder gern mal heißt. Straßen- und Wegenamen sind nämlich alt, sehr alt. Nicht gerade die Angela-Merkel-Straße oder der Rotkehlchenweg. Aber ganz viele Straßen sind einfach schon immer benutzt worden und wurden später mal befestigt oder zur Bahnstrecke ausgebaut. Nicht selten liegt unter dem Pflaster, nein, nicht der Strand, sondern ein jahrhundertealter Weg, einer, der im nächsten Wald noch an tief eingefahrenen Radspuren zu erkennen ist.

Der Römerweg ist so eine alte Verbindung und es gibt hier sogar eine Bushaltestelle am Römerweg, etwas, was den Römern definitiv gefallen hätte, mal abgesehen von ihrem Weg zur Varusschlacht. Beim Clemens-Ruhe-Weg ist das noch seltsamer. Es finden sich Zeitungsberichte über die Reparatur einer Brücke und eine damit verbundene Sperre dieses Weges. Aber der Weg ist nicht zu finden. Online jedenfalls nicht. Es gibt ihn aber. Er ist ein Teil der alten Bahntrasse, vermutlich benannt nach jemandem, der es verdient hat oder um den man nicht herumkam. Auf dem Weg kommt man aber rum. Bis nach Ennigerloh. Hans-Claus Poeschels Buch „Alte Fernstraßen in der mittleren  Westfälischen Bucht“ aus dem Jahr 1968 ist kein Pageturner, eher schon ein Kursbuch, aber es macht sehr schön deutlich, das sich unsere Altvorderen auch schon auf den Weg gemacht haben, Berg auf und Berg ab, über Flüsse und Bäche und auch mitten durch den Wald. Weiß man ein bisschen darüber, fährt es sich eigentlich ganz genauso wie zuvor durch das schöne Münsterland.