Frieden schaffen!

Ich weiß nicht, was ich denken soll. Auf einmal alle gemeinsam auf der Straße, gemeinsam für mehr Waffen und für einen Schulterschluss mit jedem, der nicht Putins Positionen teilt? Irgendwas daran kann doch nicht stimmen. Irgendwas übersehen wir. Finde den Fehler. Okay, ich bin bereit, sofort die aktuell von jedem geforderte Erklärung abzugeben: Ich finde es nicht akzeptabel, dass russische Truppen in die Ukraine einmarschieren und dort was auch immer wollen.

Ich finde es aber auch nicht akzeptabel, dass jede und jeder, der über einen russischen Pass oder eine ausgeprägte Nähe zu Russland verfügt, jetzt Unterwerfungserklärungen abgeben muss, ob er nun ein Orchester dirigiert oder Fußball spielt. Das kann auch nicht die Welt sein, die wir in Zukunft wollen. Ich erinnere mich an das Ende der DDR und die peinlichen öffentlichen Befragungen bei Wetten, dass? Wer als Promi aus der DDR ins Westshowgeschäft wechselte, wurde quasi entsozialisiert, um mal einen analogen Begriff für das zu basteln, was nach dem WK II in Deutschland geschah. Auch das – die Entnazifizierung – war vermutlich richtig, vermutlich schreibe ich nur, weil ich nicht dabei war, weil ich nicht weiß, wie das gemacht wurde und weil ich weiß, dass die Persilscheine großzügig verteilt wurden und wir alle, die nicht rechtzeitig nach Südamerika flüchten konnten, zügig wieder in Amt und Würden gebracht haben.

Die DDR-Promis hatten es nicht so leicht, die mussten vor einem Millionenpublikum Farbe bekennen, und die hatte schwarz-rot-gold zu sein – ohne Hammer und Zirkel im Ährenkranz – und sie mussten Einsicht zeigen und dem Unrechtsstaat DDR abschwören. Dann erst wurden die Futtertröge freigegeben.

Wenn jemand aus Russland kommt und Putin okay findet, dann soll er das halt, solange er hier nicht gewalttätig wird oder mit Gewalt droht. Das nennt man Meinungsfreiheit. Wir dürfen dann alle aufstehen und buh rufen. Der öffentliche Gesinnungs-TÜV gefällt mir nicht. Ich sehe mich auch noch nicht auf einer Großkundgebung mit einer halben Million Menschen, die Atomwaffen für Deutschland fordern.

Da muss es doch einen anderen Weg geben, das kann doch nicht die Lösung sein. Mit mehr Waffen konnte man Syrien, den Irak oder Afghanistan doch auch nicht befrieden. Mir geht das zu schnell, zu glatt, zu einstimmig. Und in ein paar Jahren haben wir ein waffenstarrendes Deutschland in der Mitte Europas, dass jedem Angst macht, der sich nicht zu 100 Prozent bekennt. Wozu auch immer.

Immerhin können wir dann die Festung Europa gegen die Klimaflüchtlinge verteidigen, denn die werden kommen, auch wenn die Klimakatastrophe wegen anderer Katastrophen gerade mal vertagt wird.

Und ja, ich leide mit, wenn ich die Bilder aus der Ukraine sehe und die Menschen, die dort um ihr Leben fürchten und kämpfen und die jungen russischen Soldaten und überhaupt die Menschen, die einem Krieg ausgesetzt sind, den niemand braucht.

Damenprogramm (2)

Foto: Manfred Voita

Das erste Geheimnis ist von Jules in einem Kommentar schon gelüftet worden. Ja, mit dem Damenprogamm spielte ich darauf an, dass bei großen politischen Veranstaltungen die mit angereisten Damen mit Kultur und Sozialem bespaßt wurden.

Nun reisen heute auch Regierungschefinnen mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin an und so ist das Damenprogramm inzwischen keine rein weibliche Veranstaltung mehr. In Magdeburg nahm meine Frau an einer Tagung teil, mein Damenprogramm bastelte ich mir selbst.

Aber ein virtuelle Stadtführung? Nein, damit meinte ich nicht, dass die Führung am Rechner oder sonstwie medial vermittelt stattfand. Unser Führer… ich kann das Wort nicht schreiben, ohne nach einem Synonym zu suchen, ob das jungen Menschen auch so geht? Also der Stadtführer führte uns ganz real, persönlich und gemessenen Schrittes durch die Innenstadt Magdeburgs.

Virtuell war die Führung in dem Sinn, dass er uns mehr zeigte, auf mehr hinwies, als in Magdeburg zu sehen ist, noch zu sehen ist. Die Stadt hat unter dem dreißigjährigen Krieg gelitten, sie ist im zweiten Weltkrieg Weiterlesen

Otto Dix

By Leoni1234 [GFDL (http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) or CC BY-SA 3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0)%5D, via Wikimedia Commons

„Der böse Blick“, eine Otto-Dix-Ausstellung, ist noch bis zum 28.05. im K20 in Düsseldorf zu sehen.

Es ist durchaus interessant zu wissen, was diese Ausstellung nicht ist und was Otto Dix nicht war. Beides war mir nicht so klar, wie ich es hier gern behauptet hätte.

Erstens ist es keine Gesamtschau seines Werks, gut, das wäre auch eine sehr große Veranstaltung geworden. Gezeigt werden Arbeiten aus  seiner Düsseldorfer Zeit, die vom Herbst 1922 bis zum November 1925 währte. Das ist ein Ausschnitt seines Werks, aber dieser Ausschnitt ist faszinierend genug, groß genug, um Stunden mit diesen Bildern zu verbringen.

Zweitens, und das war für mich überraschender und ich hätte es besser wissen können, ist Dix kein Pazifist gewesen oder geworden, seine Bilder, soweit sie den Krieg thematisieren, sind keine Antikriegsbilder, sondern es sind Bilder vom Krieg, so, wie sie nur ein Kriegsteilnehmer schaffen konnte. Weiterlesen

Hoffmann und Campe machen sich einen Lenz

Dichterlesung Siegfried Lenz in der Landesvertr. Hamburg

Dichterlesung Siegfried Lenz in der Landesvertr. Hamburg

1952 hat Siegfried Lenz seinen Roman ‚Der Überläufer‘ abgeschlossen, veröffentlicht wurde er 2016. Übrigens von dem Verlag, der ihn ursprünglich abgelehnt hatte. Und seitdem verkauft sich das Buch offenbar richtig gut.

Damals, in den ersten Nachkriegsjahren, schien es politisch wohl nicht opportun, einen Deserteur zum Helden eines Romans zu machen. Heute feiert ihn die FAZ als meisterlich. Was er vielleicht 1952 war, vielleicht.

Aber was sagt er uns heute? Die Schrecken des Krieges kennen wir schon aus Weiterlesen

Preisboxen

„Ich hab ein Problem mit dem Waschbecken.“
„Ja? – Mit dem Waschbecken diesmal also. Was ist es denn?“
„Es tropft… die Armatur ist undicht, glaube ich. Aber das Becken ist ja auch schon ziemlich alt.“
„Aber es leistet Ihnen treue Dienste.“
„Ja, nicht nur mir, bereits Generationen von Mietern.“
„Sie reden doch immer über Ökologie. Energiesparen, Wärmedämmung. Da kann ich doch ein einwandfrei funktionierendes Waschbecken nicht einfach so entsorgen.“
„Naja, einwandfrei. Schön ist es nicht mehr. Ziemlich grau sogar. Und Schrammen und Kratzer hat es auch.“
„Kratzer?“
„Jaaa?“
„Haben Sie die…?“
„Ich…nein, oder doch, kann schon sein, dass ich auch einen…“
„Das müssen Sie aber ersetzen.“
„Den EINEN Kratzer?“
„Seien Sie nicht albern. Ich lasse die Armatur reparieren und das Becken austauschen. Ich zahl die Armatur – Sie das Becken.“
„Wegen EINES Kratzers? Da stecken noch Bombensplitter aus dem Krieg drin.“
„Ha.. sehr witzig. Dann steht das ja auch alles im Übergabeprotokoll.“
„… Nnnein… Sie sagten damals, da müssten wir nicht so kleinlich sein.“
Eben! Dann sein Sie jetzt auch nicht so kleinlich. Sie zahlen das Waschbecken. Sie haben doch sicher eine Versicherung.“
„Ihre Zähne…“
„Was ist mit meinen Zähnen, wie kommen Sie jetzt auf meine Zähne?“
„Die sind ja auch schon aus der Vorkriegszeit – und Sie haben ja auch eine Versicherung. Wenn jetzt…“
„Meine Zähne? Sie drohen mir? Ihre Versicherung bezahlt mein Waschbecken und meine Versicherung meine Zähne, weil Sie…? Ich fasse es nicht. Na gut, ich zahle das Waschbecken.“
„Gut, dann gucken wir doch mal, ob es Ihren Zähnen was ausmacht, wenn Sie in den sauren Apfel beißen.“
„Wie, Apfel? Haben Sie mir nicht gerade gedroht?“
„Da müssen Sie was missverstanden haben. Aber wenn wir gerade von Zähnen reden, seit ein paar Tagen ist es beißend kalt im Bad. Da ist was mit der Heizung.“
„Mit der Heizung..?“