Ich hatte schon über meine Erfahrungen mit CHAT GPT berichtet. Seit einigen Tagen habe ich ein neues Spielzeug, natürlich nicht exklusiv, denn Bing, also Microsoft, bietet jedem und jeder die Nutzung der KI zur sprachgesteuerten Erzeugung von Bildern an. Die Voraussetzungen sind leicht zu erfüllen. Bing muss installiert sein, dann kann die entspreche App, der Bing Image Creator aufgerufen werden. Bislang sind nur englische Texteingaben möglich. Mein Englisch reicht gut aus, um mich anderen Leuten überlegen zu fühlen, die kein Englisch sprechen und jedem unterlegen zu sein, der seinen Wortschatz auch aktiv zu nutzen versteht. Aber dafür hat man ja DeepL. Textvorgaben für ein Bild können kurz und knapp sein, also z. B. ein Mann, etwa 25 Jahre alt, bartlos, gekleidet in einfache Arbeitskleidung des Jahres 1900. Kleidung und Gesicht sind mit Kohlenstaub bedeckt.
Gut, das hat jetzt nicht ganz geklappt. Ich verzichte mal ganz darauf, das Merkmal Bart zu erwähnen.
Schon viel besser. Der Wunsch nach einem bartlosen Mann bescherte mir also einen mit Bart, der Verzicht auf das Stichwort Bart bringt dann das gewünschte Ergebnis. Nicht immer, Bing liefert jeweils vier Bilder, von denen durchaus auch mal zwei doch jemanden mit einem Bart und einem Turban anbieten. Aber ich habe ja, was ich will. Aber es geht ja auch freundlicher und realistischer. Für die ersten Bilder hatte ich mir Aquarelle gewünscht, jetzt soll es ein freundliches, fotorealistisches Bild werden.
Aha, freundlich… Okay, das passt. Das entspricht dem durchschnittlichen Freundlichkeitsniveau und wenn ich mich etwas bemühe, kann ich sogar ein Lächeln erkennen. Also ich lächele jedenfalls immer ganz genauso. Meine Hauptperson, ein Kohlenträger namens Bernhard, der sich in Warendorf um das Jahr 1900 nützlich macht und einiges erlebt, hat aber schwarzes, lockiges Haar.
Nein. Das ist nicht Bernhard. Grouchos Haare sind explodiert und diese Augen…Ach ja, ich hatte kurzes lockiges schwarzes Haar vorgegeben. Bernhard hat aber etwas längeres schwarzes Haar. Oh. Bing hat meine Wartezeit von 30 Sekunden auf 5 Minuten verlängert. Entweder nerve ich das System mit meinen kleinen Variationen, oder die Zahl der Nutzer und damit der Aufträge ist stark gestiegen.
Da ist es auch schon. Ich habe zusätzlich angegeben, dass der junge Mann Kohlenträger sein soll und die Ausgabe als Foto bestellt. Kohlenträger und Foto, okay. Aber 25?
Okay. Eine gewisse Grundfreundlichkeit ist da, das Leben als Kohlenträger um 1900 war sicher auch nicht ganz einfach und diese Ohren sind, nun, sagen wir realistisch. Und man fragt sich natürlich, wo Bing diese Leute aufgetan hat. Die KI durchsucht das Netz, findet Elemente und kombiniert die neu, so dass der Arbeitsauftrag erfüllt wird. Wäre mal spannend, die Einzelteile zu sehen, die hier verarbeitet wurden.
Der neue Auftrag: Zwei Männer auf einem offenen Kohlenwagen im strömenden Regen. Hintergrund: Mein Bernhard und sein Kollege Josef liefern Kohlen aus. Das Bild ist ganz okay, schaut man sich die Augen der beiden Männer nicht zu genau an. Aber Bing hatte auch ein richtig schräges Bild im Angebot.
Das Pferd.. was macht das da oben? Es sieht auch aus, als würde es irgendwie fließen. Ich glaube, das Pferd da oben war bis vor kurzem noch eine Kuh. Und bei dem zweiten Pferd, dieses Joch, dass da irgendwo hängt…
Abschließend noch eins, nur weil es so rätselhaft ist:
Was ist denn da nur mit den Vorderbeinen des Pferdes passiert? Da haben wir ja mindestens eine ziemlich Fehlstellung und dann ein mittleres Bein, also das zwischen dem linken und dem Stiefel des Mannes, das verliert sich irgendwie auf dem Weg nach oben.
Trotzdem: Ich bin beeindruckt. Natürlich ist das alles andere als perfekt. Vorgaben werden nicht eingehalten und Bing schränkt die Möglichkeiten der Gestaltung auch noch sehr ein, weil es fürchtet, irgendwelche Regeln könnten gebrochen werden. Schon wenn es heißt, zwei Männer sitzen an einem Tisch und essen Suppe, gibt es eine skeptische Nachfrage, nur weil einer davon schwarz gekleidet sein sollte. Nach einer mehrstündigen Prüfung wurde das Bild dann genehmigt. Aber es macht Spaß, eigene Ideen in Bilder umsetzen zu können, wenn das eigene Geschick dafür eigentlich nicht, nein, nicht nur eigentlich nicht, sondern überhaupt nicht ausreicht. Wir erleben gerade, dass KI in immer mehr Bereich vordringt. Ob das gut oder schlecht ist, wir werden sehen. Aufhalten lässt sich das sicher nicht, KI ist in der Welt und wird nicht mehr vergessen. Es wird Anwendungen geben, die cool sind. Und KI wird uns schaden, so wie uns alles schaden kann, auch Schokolade und Rotwein. Nein, ich will das nicht herunterspielen. Wenn Software selbstständig Software schreiben kann, stehen wir vor einer Entwicklung, die überhaupt nicht absehbar ist. Heute habe ich noch ein Grönemeyer-Interview gelesen, in dem er sagt, dass Menschen nicht perfekt sind, dass Kunst entsteht, wenn aus dem Nichts eine Idee da ist, dass Schmerz oder Liebe, dass starke Emotionen Kunst hervorbringen und dass das eine KI nicht simulieren kann. Schließen wir mit einem geseufzten: Hoffentlich!