Mein Schreibprozess

Diesmal möchte ich meine Schreiberfahrungen, die ich beim Verfassen von Kurzgeschichten gesammelt habe, thematisieren. Zunächst dient dieser Text der Reflexion, stellt also einen Versuch dar, über mein Schreiben nachzudenken. In diesem Sinne kann er natürlich auch Ausgangspunkt für andere Autorinnen und Autoren sein, ihre eigenen Erfahrungen damit abzugleichen und so zu einem besseren Verständnis des eigenen Schreibens zu gelangen. Perfekt wäre es, wenn diese Erkenntnisse wieder zu mir zurückgespiegelt würden, damit ich nicht nur von mir, sondern auch von anderen lernen kann.

Mein Schreibprozess – oder vielleicht genauer – mein kreativer Prozess lässt sich grob in zwei Phasen einteilen: die Vorbereitung und das Schreiben. Zur Vorbereitung gehört die Ideenfindung und – wenn erste Ideen da sind – das Spielen mit diesen Ideen. Manchmal habe ich sofort eine Idee, sammele dann ergänzende Stichwörter und skizziere einen ersten Handlungsentwurf, der meistens nicht bis zum Ende der Geschichte reicht. Dann ruht das Ganze wie ein Hefeteig, geht entweder auf oder eben nicht. In dieser Zeit arbeitet es in mir an dem Thema, auch wenn ich keinen Stift zur Hand nehme. Der intellektuelle Arbeitsauftrag ist erteilt und wird – sozusagen im Hintergrund und mit niedriger Priorität – abgearbeitet.

Immer wieder einmal setze sich mich an den Schreibtisch und versuche ein paar Zeilen zu schreiben. Das geht auch, aber ich merke schnell, ob ich schon so weit bin. Manchmal taucht in dieser Zeit ein ganz neuer Ansatz auf, einer, der mich direkt anspricht. Das ist es, das muss jetzt gemacht werden. Dazu kommt dann ganz schnell auch eine Idee für den Schluss der Geschichte. Meine ersten Überlegungen habe ich inzwischen notiert und abgespeichert, ich lese sie nochmal durch, schaue, ob sie für die neue Idee etwas hergeben und schlachte sie aus wie einen schrottreifen PKW.
Zur neuen Ideen gibt es jetzt ein paar Zeilen, ein paar Anhaltspunkte, vielleicht sogar Dialogfetzen oder eine Vorstellung von den Personen, die diese Geschichte erleben.

Damit beginnt die zweite Phase: Ich fange an, den Text zu verfassen. Das geschieht fast immer am PC, während die erste Phase häufig auf Papier und Stift vertraut. Der große Vorteil der Kurzgeschichte besteht für mich darin, dass ich diesen Text „in einem Rutsch“ verfassen kann, ich muss nicht unterbrechen. Einerseits habe ich so alle Elemente der Geschichte im Blick und andererseits ist der Text aus einem Guss, es gibt in der Regel keine großen Brüche im Ton und in der Grundstimmung der Geschichte.

Faszinierend an dieser Arbeit ist es, dass die Geschichte sich jetzt scheinbar von selbst erzählt, es kommen Einzelheiten hinzu, Bilder, Gedanken, die in der ersten Phase überhaupt nicht da waren. Manchmal kann das auch in die Irre führen, weil ich Wegen folge, die nicht durchdacht waren und sich dann als Sackgasse herausstellen – oder für die sich erst nach einem längeren Spaziergang eine Lösung findet. Nicht selten wächst während des Schreibens auch eine neue Idee für den Schluss der Geschichte heran, eine, die mich selbst überrascht. Ich setze einen Punkt und die Geschichte ist fertig. Oder auch nicht. Meistens nicht.

2 Gedanken zu “Mein Schreibprozess

  1. Du hast Recht, bei längeren Texten stellt sich dieses Problem fast automatisch, weil man nicht in einem Zug den gesamten Text verfassen kann und auch nicht jedes Mal wieder alles lesen kann, um den bisherigen Ton zuverlässig wieder aufzunehmen.

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