Literarisches Amsterdam (5)

Evert den Hartog: Rennende Haas Foto: Elfie Voita

Evert den Hartog: Rennende Haas
Foto: Elfie Voita

Wenn ich etwas erwarte, bin ich dann selbst dafür verantwortlich, dass ich enttäuscht werde? Bin ich ein Optimist, wenn ich zu viel erwarte? Und ein Pessimist, weil ich nicht glaube, dass meine Erwartungen erfüllt werden? Ein Realist jedenfalls bin ich nicht.

Da ist diese Stadt Amsterdam, die rund 850.000 Einwohner hat. Eine lange Geschichte, zu deren Akteuren viele große niederländische Autoren gehören und in deren Fußnoten auch einige deutsche Schriftsteller auftauchen, neben Schriftstellern aus anderen Ländern selbstverständlich.

Und dann komme ich daher und möchte in einer dreistündigen Führung alles, aber auch alles darüber erfahren. Ohne mit Informationen behelligt zu werden, die ich schon habe oder die im literarischen Zusammenhang unwichtig sind. Um diese Aufgabe komplett unlösbar zu gestalten, bereite ich mich gründlich auf diese Führung vor. Dreißig Jahre lang.

Gut, das stimmt nicht. Ein paar Jahre mehr werden es schon sein, seit ich in Münster Niederlandistik studiert habe. Damit ich nichts Wichtiges übersehe, besorge ich mir schnell noch ein bisschen Literatur über das deutsche Exil in Amsterdam und lese mich hoffnungslos fest. Jetzt nicht so hoffnungslos, dass ich nicht im Internet noch nach den Orten und Bildern suchen könnte.

Meine Vorbereitung, so gründlich sie auch sein mag, führt natürlich nur dazu, dass ich eine ganze Menge Fragen habe. So ist das ja mit dem Wissen. Man kratzt immer nur an der Oberfläche. Es ist ja auch unnütz, nicht mal Günther Jauch fragt so was. Außerdem kann ich diese Leute nicht ausstehen, die während einer Führung permanent nörgeln und korrigieren. Meistens ältere Herren, gern mal pensionierte Lehrer.

Ach, bevor ich das jetzt ganz vergesse: Ich war nicht enttäuscht von der literarischen Führung durch Amsterdam, ich tu mich nur immer so schwer damit, meiner Begeisterung Ausdruck zu verleihen. Ich hätte, als die Führung in der Stadtbücherei endete, nicht einen weiteren Ort von literarischem Interesse in Amsterdam sehen mögen. Dafür taten mir die Füße zu weh.

Teil 6

Teil 4

15 Gedanken zu “Literarisches Amsterdam (5)

  1. Der „Rennende Haas“ hat eine hübsche humorvolle Leichtigkeit, obwohl er auf den ersten Blick aus Metall ist. Vermutlich besteht er aber aus Kunstharz, obwohl ich ja nicht an seiner Oberfläche kratzen kann. Da wir von allen Dingen und Sachverhalten immer nur die Oberfläche sehen, ist vielleicht weniger schlimm als es scheint. Denn ich habe oft die Erfahrung gemacht, dass bei tieferem Kratzen die Erkenntnis nicht zunimmt, weil der Blick fürs Ganze verlorengeht. Ist die Amsterdamer Stadtbücherei wenigstens sehenswert?

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    • Ja! Und wie das so ist, ich habe mir ja vor der Tour noch ein gerade erschienenes Buch mit literarischen Texten über Amsterdam geholt und dort eine Kurzgeschichte gefunden, die von genau dieser Bibliothek handelt. Sie liegt an der linken Seite, wenn man aus dem Hauptbahnhof kommt, es sind noch einige 100 Meter zu gehen. Im Obergeschoss gibt es eine Cafeteria mit einer Terrasse, von der man einen schönen Blick auf die Stadt hat. Und die Preise sind auch okay. Das Gebäude selbst… zweckmäßig, großzügig.

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  2. Es ist so eine Sache mit den Führungen … jeder kommt mit anderen Vorkenntnissen und Vorstellungen, wie du ja auch schreibst.
    Die Niederlande und Flandern sind übrigens zu Gast bei der Frankfurter Buchmesse.
    LG, Ingrid

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