Auch ich

Auch ich

Ich hatte nur wenig und schlecht geschlafen, weil irgendwo in der Nachbarschaft bis weit nach Mitternacht gefeiert worden war und jetzt klingelt auch noch der Wecker. Das hatte er schon so lange nicht mehr getan, dass ich mir nicht mal die Mühe gemacht hatte, ihn auf die Winterzeit umzustellen. Er sollte nicht klingeln, klingeln schon mal überhaupt nicht. Mein Wecker piepst. Schnauze, nuschele ich dann und bekomme noch zehn Minuten Schlaf geschenkt. Dieser Wecker klingelt und ist völlig immun gegen eine entschiedene Ansprache. Wie stellt man den ab? Ich weiß es nicht, aber meine Finger finden selbstständig einen kleinen Metallhebel und schieben ihn zur Seite.

Ruhe.

Es ist dunkel und kalt. Ich ertaste die Lampe auf dem Bettkasten am Kopfende der Schlafcouch und noch bevor das Licht angeht, weiß ich, was ich sehen werde, so sicher, wie ich es an jedem anderen, gut, an fast jedem anderen Morgen meines bisherigen Lebens gewusst habe. Nur, dass es nicht richtig ist, das zu sehen, dass es nicht sein kann. Aber sag mal der Realität ins Gesicht, das sie gerade einen Fehler macht, dass sie etwas durcheinander gebracht hat und dass du jetzt die Augen zumachst, bis drei zählst und dann hoffentlich alles wieder seine Richtigkeit hat. Nein, es sind nicht sechs Beine, die mir Sorgen machen, ich weiß, dass ich nicht Gregor Samsa und erst recht kein Käfer bin.

Still jetzt.

Jemand geht über den Flur und ich fürchte kurz, dass die Tür aufgeht und ich reinkomme. Ach, eigentlich befürchte ich sogar, dass überhaupt irgendwer reinkommen könnte.

Jetzt aber mal langsam.

Ich weiß, wo ich bin und wer ich bin. Obwohl: Da bin ich mir schon nicht mehr ganz so sicher. Es scheint eine gewisse Differenz zwischen Körper und Geist zu geben. Ich bin immer noch ich, wenn auch in einer längst überholten, völlig aus der Mode gekommenen und etwas zu klein geratenen Siebziger-Jahre-Ausgabe. Und da wir gerade dabei sind: Den Körper würde ich schon behalten wollen.

Es war nicht alles schlecht, damals.

Ich –  noch nie war ich mir so unsicher bei der Verwendung dieses Personalpronomens, gut, mein Ich des Weiterlesen