Operation gelungen…

„Einer Wortwahl unternehmerisches Versagen ect. mag ich mich allerdings nicht anschließen“

Matthias Müller, Vorstandsvorsitzender der Volkswagen AG bei der Pressekonferenz am 2.8.17 im Anschluss an den sogenannten Dieselgipfel in Berlin

Nicht etwa auf Nachfragen, nein, gleich im zweiten oder dritten Satz seines Beitrags zur Pressekonferenz stellt Herr Müller fest, dass es kein unternehmerisches Versagen gab. Und der Mann hat Recht. Es ist doch kein unternehmerisches Versagen, wenn Angestellte, und das sind Vorstandschefs nun mal auch, Fehlentscheidungen treffen.

Ach, so haben Sie das nicht gemeint, Herr Müller?  Vorstandschefs könnten schon unternehmerisch versagen? So? Hätten sie aber nicht, also in diesem Fall nicht? Das war alles so gewollt? Von den Manipulationen bei VW bis zu den weit überhöhten Werten bei Millionen von Autos auf deutschen Straßen?

Nein, das haben Sie nicht gemeint, da bin ich mir sicher, das ist kein unternehmerisches Versagen, wäre ja auch schlimm, wenn deutsche Topmanager darauf zurückblicken müssten und einzugestehen hätten, dass sei einfach so passiert, ganz ohne ihr Wissen. Irgendwelche kleinen Angestellten hätten da heimlich an ein oder zwei kleinen Schräubchen gedreht, so, dass das nun wirklich keiner merken konnte.

Nein, an der Stelle hat das Management nicht versagt, sondern einfach nur ökonomisch gehandelt, wie es das tun sollte. Die Politik brauchte Autos mit niedrigen Schadstoffwerten, die Politik wusste, wie die Abgase gemessen werden, da lieferte man ihr, was sie wollte: Eine imaginäre Lösung. Autos, die nur im Prospekt und auf dem Prüfstand sauber waren.

Konnte doch keiner ahnen, dass die auch irgendwann auf der Straße sauber sein sollten. Verrückte Idee. Nicht machbar, nicht mit der deutschen Autoindustrie. Und der Dieselgipfel, der nie ein Krisengipfel war, sondern eine Gelegenheit, der Öffentlichkeit in großer Einigkeit zu demonstrieren, dass manches anders wird, also jetzt nicht gleich viel, nur so viel, dass alles so bleibt, wie es nie hätte sein dürfen. Und da hat es nun überhaupt kein unternehmerisches Versagen gegeben, nicht wahr, Herr Müller? Das haben Sie doch super hinbekommen.

Der Grenzwert für den Diesel mit der Euro 6 Norm liegt bei 80 Milligramm Stickoxide pro Kilometer, das Umweltbundesamt, also schon eine ziemlich obskure Behörde, hat aber 507 Milligramm gemessen. Gut, auf der Straße. Verrückte Idee.

Softwareupdate.

30 Prozent, forderte die Politik, 25 haben Sie angeboten. Lassen Sie uns doch mal kurz rechnen. Das können Sie, ganz sicher. 507 minus, ach, sein wir großzügig, 30 Prozent Da muss doch was um die 80 rauskommen, sonst wäre das doch alles vergeblich, Moment, ich hab’s gleich, rechne noch mal schnell nach… 355 Milligramm. Ja. Passt doch fast.

Also so ein Ergebnis durchzusetzen, nein, das ist wahrhaftig kein unternehmerisches Versagen. Das ist ein Angriff auf die Gesundheit der Menschen in diesem Land.

11 Gedanken zu “Operation gelungen…

  1. „Kein unternehmerisches Versagen“ ist wahr, aber Herr Müller und die Aktionäre atmen doch die gleiche Luft wie wir. Dieses „Kein unternehmerisches Versagen“ ist pfeilgrad intellektuelles Versagen, nämlich der Schuss ins eigene Knie.
    Wenn ich mich über das Schmierentheater „Dieselgipfel“ aufregen wollte, wüsste ich gar nicht, wo anfangen. Ich habe mich gestern über den ehemaligen Verkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) schlau gemacht, der nahtlos aus dem Bundestag zur Autoindustrie übergetreten ist. https://lobbypedia.de/wiki/Matthias_Wissmann
    Allein, was hier zu lesen ist über die Kumpanei von Politik und Autoindustrie, macht eigentlich nur zornig.

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    • Genau. Wie es möglich ist, so „sauber“ zwischen dem Interesse aller Menschen an einer halbwegs sauberen Atemluft und den Interessen des Arbeitgebers zu unterscheiden, die man ja als Vorstand selbst definiert, bleibt wohl rätselhaft.

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  2. Ich will den Verbrechern in der Chefetage keineswegs die Stange halten, aber … ist ja mal wieder, wie alles in dem Land, meist maßlos übertrieben. Die Dreckschleudern, also die Motoren, schleudern heutzutage viel weniger Dreck als die Dreckschleudern vor 10 Jahren. Bloß die anderen Dreckschleudern, also die Politiker, schleudern viel mehr Dreck als je zuvor.
    Kann mir nicht vorstellen, dass man in Italien, Frankreich, USA (Tesla mal ausgenommen) oder sonst wo sauberere Autos baut als hierzulande. Bloß vermeidet man dort unnötige Hysterie …

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    • Italien und Frankreich haben die gleichen Probleme, aber die hat gestern keiner eingeladen. Es geht ja darum, deutsche Autos zu verkaufen. Unser Problem besteht darin, dass wir uns Regeln geben, von denen klar war, dass die deutsche Industrie sie nicht halten kann oder will, deshalb wurden ja auch die Messungen nur unter kontrollierten Bedingungen durchgeführt. Nur erreicht man so eben keine Reduzierung der Belastung in den Städten. Deren Problem liegt natürlich ebenfalls keineswegs nur am Diesel, aber eben auch am Diesel und an der zunehmenden Verkehrsbelastung, die dann selbst bei saubereren Motoren dafür sorgt, dass manche Städte zu ersticken drohen. EU-weit gelten Vorgaben, da ist es klar, dass irgendwann mal jemand auf die Idee kommt, deren Einhaltung auch zu fordern.

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      • Klar, eine Vorgabe könnte auch sein: ab 2020 müssen alle Autos fliegen. Fragt sich nur, wie realistisch dies wäre. Die, die die Vorgaben machen, sind in der Regel niemals die, die sie danach auch umsetzen müssen …

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  3. Am Ende des Jahres keine Gehaltseinbußen, sondern sogar noch ein paar Boni noch obendrauf, für hervorragende Geschäfte – wer redet hier von Versagen? Im Gegenteil, stimmt doch alles – für Herrn Müller und Konsorten.

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  4. Ich fuhr einen Käfer 1502 LS in Rot mit 50 BeinzinPS, dann einen bei der Post ausgemusterten gelben Golf I mit ähnlichen BenzinPS. (Die goldenen 80er Jahre) Ich fremdschäme mich heute noch, wenn eine Begleitung mit Cola ihr Bier zum Diesel mischt. Diesel ist Schummel, bei Bier und bei VW sowieso. – Mein Lieblingsauto aus dem Spektrum der ca. 12 gefahrenen Marken war der Lada, der ging immer. Sogar bis zum Mond …

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