Lebenslücken

Ich sitze vor einer Übung. Es geht um einen autobiografischen Text, in dem ein Kinderbuch vorgestellt werden soll, nicht irgendeins, sondern eins aus der eigenen Kindheit. Nun hatte ich leider keine Kindheit… nein, falsch, ich hatte nur keine Kinderbücher. Noch genauer: Ich erinnere mich nicht an Kinderbücher.

Jugendbücher, ja. Die habe ich gelesen, manche stehen noch heute in meinen Regalen. Mark Twain oder Jules Verne. Karl May und Salinger. Davor? Meine Kindheitserinnerungen sind sehr bruchstückhaft. Manches weiß ich aus der Zeit, als ich drei Jahre alt war, aus der Zeit, als meine Schwester geboren wurde. Aus den Jahren danach, als sie im Krankenhaus war und wir sie nur sonntags besuchen durften, hinter einer Glasscheibe die armen kranken Kinder, davor wir Besucher. Fast wie zu Coronazeiten.

Momentaufnahmen aus meiner Kindergartenzeit. Arztbesuche. Das Erwachen aus der Narkose, nachdem man mir die Polypen entfernt hatte. Ein eigener Krankenhausaufenthalt im Winter, ich war schon Schulkind und draußen vor dem Fenster rodelten alle Kinder, die es in Hagen gab und das waren ganz schön viele, während ich einen Schlauch schlucken musste. Durch die Nase. Aber da war ich dann schon sieben oder acht Jahre alt. Vorher… nee, da kommt nichts. Ich erinnere mich an Weiterlesen