Zum Beispiel die, dass es möglich sein könnte, ihnen nahe zu kommen und aus der Frage, wie ich die Nähe herstellen kann, die Frage würde, was ich mit dieser Nähe anfangen möchte. Arno Schmidt ist tot, Rembrandt ist tot. Maarten t‘ Hart und Dirk de Keyzer leben. Ihre Anschriften sind zu ermitteln, es wäre möglich, zumindest schriftlich, vielleicht sogar persönlich Kontakt herzustellen.
De Keyzer hat eine Werkstatt, die man besuchen kann. Er will besucht werden. Dann stehe ich da, ich armer Tropf und habe keine Ahnung, was ich mit dem Mann reden soll. „Schöne Sachen, die Sie da machen. Gefallen mir. Schon lange. Ich habe mir schon viele Ihrer Skulpturen angesehen.“ Dann wäre mein Vorrat an Gesprächsstoff auch schon verbraucht. Was soll ich ihn fragen? Ich weiß nicht, ob Künstler es mögen, wenn man vor ihnen steht und ihnen stille Bewunderung entgegenbringt.
Maarten t‘ Hart würde es nicht mögen. Er würde es hassen, wenn wir ihn persönlich behelligten. Der Mann geht nach 18:00 Uhr nicht gern aus dem Haus und braucht seine Zeit zum Lesen und für Johann Sebastian Bach. Ach ja, und zum Schreiben. Davon möchte ich ihn auf keinen Fall abhalten. Sonst hieße es noch, sein letztes Werk sein unvollendet geblieben, weil Manfred Voita ihn vom Schreiben abgehalten hat. Okay, so käme ich in die Literaturgeschichte.
Lebenden Künstlern will ich überhaupt nicht auf den Pelz rücken. Die sehe ich mir in Dokumentationen und Interviews an oder gehe, näher muss es nicht sein, zu einer Lesung und lasse mir ein Buch signieren. Wozu auch immer. Weshalb also bemühe ich mich umso mehr, Künstlern nahezukommen, die nicht mehr leben?
„keine Ahnung, was ich mit dem Mann reden soll“
Denn die wirkliche Frage ist ja: Wer lebt eigentlich (noch)?
Gefällt mirGefällt 1 Person
Geier Sturzflug waren es wohl, die „Besuchen Sie Europa, solange es noch geht.“ sangen. In diesem Sinne: Die Lebenden arbeiten lassen und die Toten besuchen.
Gefällt mirGefällt 1 Person
Besuchen und hören: den Club 27 etwa, mit Morrison, Hendrix, Winehouse, Cobain.
Wir als Literaturaffine sollen auch Georg Trakl dazutun; sagt die Wiki.
Gefällt mirGefällt mir
Zitat: Sonst hieße es noch, sein letztes Werk sein unvollendet geblieben, weil Manfred Voita ihn vom Schreiben abgehalten hat. Okay, so käme ich in die Literaturgeschichte.
Vielen Dank für diesen Lacher. Hat mir gut gefallen. Es ehrt Dich ja, dass Du die künstlerisch-tätigen Menschen nicht von ihrer Arbeit abhalten möchtest. 🙂
Ein paar Sätze sprechen ist aber in Ordnung und die Kunst loben? Warum denn nicht?
Gefällt mirGefällt 2 Personen
Musiker nach einem Konzert mögen das offenbar, Autoren, ich weiß nicht. Bildende Künstler können oft nicht über ihre Arbeit reden, die lassen das erledigen. Bei allen kommt bestimmt ein Vergleich mit einem ganz großen gut, also im Sinne von „das erinnert mich jetzt doch sehr an …“ Oder: Ich habe da mal was von mir mitgebracht. Wenn Sie sich das mal ansehen würden…
Gefällt mirGefällt 1 Person
ich fasse das mal als ironische idee auf, einem künstler oder einer künstlerin zu sagen: das, was du da gemacht hast, erinnert mich an … das ist dünnes eis, wenn du mich fragst. dann doch lieber nichts sagen. 🙂
was mitzubringen … nun ja. du hast einen sinn für fettnäpfe, ich merk das schon. *lach*
Gefällt mirGefällt mir
Maarten ‚t Hart … *lach*
Klasse geschrieben ad Unterschied zwischen Leben und Tod!
Herzliche Morgengrüße vom Lu
Gefällt mirGefällt 1 Person
Danke, Lu. Und liebe Grüße aus Warendorf
Gefällt mirGefällt 1 Person
*freu*
Gefällt mirGefällt mir
Dein Besuch könnte genausogut einen neuen Roman anregen. Der flämische Autor Paul de Wispelaere hat einer jungen Besucherin einen dicken Roman hinterhergeschrieben. Er heißt glaube ich „Mijn huis is nergens meer.“
Gefällt mirGefällt 1 Person
Die Idee gefällt mir. Aber wer weiß, was für ein Roman das würde! Gerade Maarten t’Hart pflegt einen manchmal sehr drastischen Umgang mit seinen Protagonisten und verwendet gern auch noch die wirklichen Namen. Komm ihm quer und du bist auf ewig der Bösewicht in einem Bestseller.
Gefällt mirGefällt 2 Personen
Wäre ja auch nicht schlecht. Ein so bekannt gewordener Bösewicht schriebe dann seinen eigenen Bestseller. Ein Roman vom Mann, der Maarten t’Hart quer gekommen ist.
Gefällt mirGefällt 1 Person
Maarten t’Hart hat mal eine Wohnung an Hans Bakx vermietet. Den daraus resultierenden Streit setzte er in De uur tussen hond en wolf um, während Bakx mit dem Roman Midas‘ tranen auf dieses Buch reagierte.
Gefällt mirGefällt mir
Die Kunst hat sich schon immer den Traum vom ewigen Weiterleben für Personen, die mit Talent ausgestattet sind, reserviert. Dabei ist es auch hier nur eine Sache auf Leben und Tod.
Gefällt mirGefällt 1 Person
Dieses Weiterleben in der Kunst, dieses „wer schreibt, der bleibt“, ist vielleicht für manche tatsächlich ein Reiz, auch die Hoffnung, von einer späteren Welt verstanden und gewürdigt zu werden. Die Beispiele gibt es ja auch. Der umgekehrte Fall, der, bei dem die Helden von einst völlig in Vergessenheit geraten, ist wohl häufiger. Aber gerade Autoren begegnet man in ihren Texten, jedenfalls hat man ihre Stimme im Kopf, kann sich mit ihren Ideen auseinandersetzen oder von ihren Geschichten einfangen lassen. Das ist nochmal was anderes als bei bildender Kunst oder Musik, die uns zwar direkter ansprechen, bei denen aber die Persönlichkeit des Autors, seine Stimme, nicht so in den Vordergrund tritt.
Gefällt mirGefällt 1 Person
In jedem Fall würde so ein Besuch sicher ein schöner Bericht von dir werden. Zu Kunst etwas sinnvolles sagen ist eine Kunst. Ich kann es meist nicht und murmle nur“schön“. Ob das reicht….
Gefällt mirGefällt 1 Person
Da es meistens viel leichter ist, eine böse Kritik zu verfassen, ist ein gemurmeltes „schön“ vielleicht eine ziemlich gute Lösung!
Gefällt mirGefällt 1 Person
Na ja, sie werden ohnehin immer zahlreicher…
Gefällt mirGefällt mir