Gurkentruppe

 

Wir haben einen Garten, das habe ich gelegentlich schon erwähnt. Keinen Nutzgarten, was natürlich nicht heißen soll, dass unser Garten nutzlos ist. Wir nutzen ihn nur nicht zum Anbau von Obst und Gemüse. Oder doch, schon, aber eher als Randnutzung. Also im räumlichen Sinne, an den Rändern versuchen wir, unseren Garten dazu anzuregen, uns Pflaumen, Gurken, Minze und Rosmarin zu liefern. Eigentlich auch Äpfel, aber wir finden das Bäumchen nicht wieder. Rosmarin schon. Minze ist ein Problem für sich, nein, eher für andere, denn sie verhält sich recht aggressiv und manches Pflänzchen, das sein Auskommen im aufgegebenen Graben gefunden hatte, versucht nun, sich auf den Rasen zu retten.

Es ist schön, einen Garten zu haben. Ich hätte nie gedacht, dass ich diesen Satz einmal schreiben würde, aber es war recht einfach. Also diesen Satz zu schreiben. Es ist nicht einfach, einen Garten zu haben. Ob es schön ist… das hängt von vielen Faktoren ab. Vom Wetter, von der Jahreszeit, von Fauna und Flora, von meiner Tagesform, davon, ob die Wunden vom letzten Versuch, Unkraut zu bekämpfen, soweit abgeheilt sind, dass ich mir gefahrlos neue zuziehen darf. Es gibt aber gute Tage, da turnt das Eichhörnchen durch die Pappeln, baden Singvögel, deren nähere Bestimmung ich Fachleuten überlassen möchte, in dem Deckel unseres alten Windeleimers, der seit einiger Zeit als Vogelbad Dienst tut, da blüht etwas, duftet anderes und Sonne und Wolken, eine leichter, warmer Wind, Vogelgezwitscher und die entfernten Geräusche eines Rettungswagens… ich breche den Satz hier mal ab, sonst müsste ich ihn noch einmal lesen, um zu einem ordentlichen Abschluss zu kommen und das wäre um diese Tageszeit doch wirklich zu viel verlangt.

Also an manchen Tagen ist ein Garten schön, dann nähere ich mich voller Stolz dem Pflaumenbaum, prüfe, ob sich unter dem Blau auch Essbares verbirgt – nein, noch nicht! – gehe an der duftenden Minze vorbei, vermeide das eklige Unkraut, das nach mir schnappt, wenn ich ihm zu nahe komme und gelange endlich zu unserer Gurkenpflanze. Einer Edelgurke, nicht so jämmerlichem Kroppzeug, wie wir es im vergangenen Jahr beim Discounter gekauft hatten.

Die Edelgurke mag es nicht so flach auf dem Boden, da mussten Stützen und Stäbe, Bänder und Drähte her, damit sie sich wohl fühlt. Sie blüht und liefert Schlangengurken. Solche, die wie die vom Discounter aussehen, aber viel besser schmecken. Nehmen wir an, weil wir nie eine essen. Jemand nagt sie an. Jemand, der sich nicht mit einer Gurke zufrieden gibt, sondern praktisch jede einzelne, die sich als Gurke zu erkennen gegeben hat. Was schert mich der Wolf im Wald, wenn uns einer an die Gurken will! Die Billiggurke im Vorjahr hatte stachlige Früchte. Sagt man Früchte, wenn es um Gurken geht? Vor dem Verzehr musste man sie rasieren oder schälen. Wir entschieden uns für das Schälen.

Offenbar waren es diese Stacheln, die den Gurkenfresser fernhielten. Nun können wir aber nicht jede kleinste sich entwickelnde Gurke in Stacheldraht einwickeln. Wenn wir wenigstens wüssten, wer es auf uns abgesehen hat. Oder auf unsere Gurken. Schnecken könnten es sein, sagte man mir. Ich sehe nie eine. Noch nie war unser Garten so schneckenfrei. Vögel möglicherweise. Gurkenmeisen? Salatfinken? Dem Grünspecht würde ich es zutrauen, der zerlegt ja auch unseren Rasen. Ob Wühlmäuse überirdisch Gurken ernten? Katzen? Mäuse, vielleicht sogar Ratten? Kurz: Wir haben beschlossen, die Gurken nicht mit dem nächtlichen Angreifer zu teilen. Wir überlassen sie ihm. Hoffentlich stellt er nicht bald weitere Forderungen. Wegziehen wollten wir eigentlich nicht.

9 Gedanken zu “Gurkentruppe

  1. Ein nicht wieder gefundener Apfelbaum…ein Garten ist schon fein. Sonst könnte man ein Apfelbäumen nicht einfach so verlieren.
    Die Gurken schmecken sicher eh nicht. Sonst währen sie ja ratzeputz weg und nicht nur angenagt. Als Trost würde ich mir das einreden.

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  2. Die „Edelgurke“ kommt ja auch im geliebten Fußball vor, die Gurkentruppen sowieso. Deshalb kommt in mein Hochbeet, das einzig gepflegte Rechteck meines Gartens, auch nur eine Zucchini rein, eine! Sieht aus wie ne halbe Gurke, wird deshalb auch am Ende des Reifeprozesses in die Nachbarschaft verschenkt. Die Tomaten freilich kommen ins Haus. Bei Pfeffer und Salz! GartenGrüüüßeee!

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  3. Wegen Gurken würde ich mir auch keine schlaflosen Nächte bereiten. Die mochte ich eh nie, die Gurken und die schlaflosen Nächte. Aber ein Garten wäre schon schön. Als Ersatz gönne ich mir auf meiner Dachterrasse einen Trog mit einer bunten Wildblumenmischung. Das wird bei uns sogar von der Stadt gefördert… wegen den Bienen und der Biodiversität inmitten des Betonjungles 😉

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  4. Es war der Gurkenbohrer, ganz klar. Nur er vermag sich so zu tarnen, dass die Gurken wie angefressen aussehen. Und nein, er wird keine weitere Forderungen stellen außer der, dass der Garten ab sofort in ein komplettes Gurkenfeld umgewandelt wird, das er dann okkupieren wird. Sollte man dazu nicht bereit sein, bleibt nur eines – wieder stachelige Billigurken.

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