Juist (1)

Foto: Manfred Voita

Ich mag Inseln, besonders solche, die keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass ich mich auf einer Insel befinde. Juist ist so eine Insel. Sie misst an ihrer breitesten Stelle gerade mal 800 Meter.

Die Redensart „auf Sand gebaut“ trifft für Juist zu 100 Prozent zu, es ist nicht mehr als Sand, was da bei Wind und Wetter der Nordsee trotzt und oft genug hat die See sich ein Stück der Insel geholt. Ein großes Stück. Eine ganze Reihe von Sturmfluten hat die heutige Form der Insel geprägt und jede ganz normale Flut nimmt im Westen Sand mit, um ihn im Osten wieder anzuspülen.

Das passiert auf vielen Inseln, auf Juist sieht man es, wenn man nur weit genug nach Westen wandert. Irgendwann hören die Wege auf und der Strand wird schmal. Dünen sehen wie angebissen aus, Wurzeln finden keinen Halt mehr, der Strand ist übersät mit Brocken und Bröckchen, die wie Steine, wie gepresster Torf, wie Holz aussehen und nichts anderes sind als Teile der Insel. Ein Puzzle, das im Osten wieder zusammengesetzt wird. Gut, das Bild ist zu romantisch, was da im Westen abgetragen wird, wird von der See geschliffen, zerlegt, gemahlen und im Osten als Sand angeliefert.

Es ist fast ein wenig unangenehm, Mutter Natur so bei der Arbeit zu erwischen, also weiter, um die nächste schmale Stelle, eine, die bei Flut ganz sicher nicht begehbar ist und dann tut sich eine große… was für ein kleines Wort für diese Fläche… eine unüberschaubar große Sandfläche auf, ein Zwischending aus Meeresboden und Insel, salzwassergetränkt und muschelgepflastert, fest und warm im Sonnenlicht. Eine Nordseewüste, flach, ohne einen Grashalm, ohne irgendetwas, das höher als eine Muschel wäre. Dahinter, weiter im Westen, mehr zu ahnen als zu sehen, das Meer. Gleich hier, rechts und links, also im Norden und im Süden die Nordsee. Zu hören und zu sehen. Etwas weiter im Süden liegt Memmert, die Vogelinsel. Große Schwärme kleiner Vögel veranstalten unglaubliche Flugmanöver, wie Rauch, wie eine choreografierte Massenflugschau, ziehen sie über den Himmel. Wind, der den Sand aufnimmt, mitnimmt. Auch wenn da noch andere Menschen sind, nur wenige, die es hierher verschlagen hat, ist es einsam hier, verlassen, zugänglich und doch unserem Zugriff entzogen.

Da ist es schön, dass ein paar hundert Meter weiter ein Gasthaus lockt, Tee mit Kluntje und Rosinenstuten mit einem dicken Stück Butter.

 

22 Gedanken zu “Juist (1)

  1. Dieser Rosinenstuten mit dick Butter auf der Domäne Bill ist ein Muss op Juist. Ich mag diese ostfriesischen Inseln. Drum bin ich auch jedes Jahr mindestens twee mol da.
    Wat mutt, dat mutt.
    Lieben Gruß!

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  2. Der Handwerker in mir rebelliert. Insel-Pfusch. Man sollte die Konturen vernünftig mit Beton nachziehen, dann hätte das Hand und Fuß. Mutter Natur sollte man sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und grünen und blühen lassen.

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  3. Danke für die Impressionen von Juist. Dort war ich noch nicht. Laut Karte ist nur ein Strich vor der Küste, aber mit 16,43 km2 dann doch größer als das winzige Baltrum. „Mutter Natur so bei der Arbeit zu erwischen“, gefällt mir.

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  4. Inseln, mag ich auch, besonders „unsere“ größte, obwohl Freund Frank sagt, Sardinien sei top. Aber der redet auch aus Wolbeck, wo eh kein Münster mehr ist. 😉 Nordsee – Ostsee, das ist die Wahl zwischen Theodor Storm und FC Hansa Rostock. Na, dann lieber zum letzten Oberligameister! Und Sprung in die Prorer Bucht!

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