„Guten Tag, ich bin wieder da.“
Immer noch nichts. Ich sah aus dem Fenster. Grün. Ich sah auf den Monitor. Weiß.
„Hallo? Fertig zum Diktat! Jetzt. Es eilt.“
Stille.
Ich fuhr den Rechner wieder runter, ging raus und kam noch einmal rein. Gleiche Prozedur. Möglichst geräuschvoll. Rechner wieder hochfahren. Finger auf die Tasten.
Stille.
Ich fuhr den Rechner erneut runter, schloss die Fenster und Türen. Es war still, so still, dass ich nichts mehr hörte und mir deshalb auch sicher war, dass ich nichts überhörte. Es sprach nicht. Was war denn während meiner Abwesenheit passiert? Oder mit mir, während der Reise! Das Flugzeug. Natürlich, der Druck in großen Höhen, dass musste es sein, damit hatte ich schon oft Probleme gehabt. Vorübergehend eingeschränktes Hörvermögen. Ich presste meine Nasenflügel zwischen Daumen und Zeigefinger und gab Luftdruck auf die Nase. Ein kurzes Knacken und das Gefühl, das meine Trommelfelle sich nach außen stülpten. Erneutes Lauschen. Wieder nichts. Die Stimme, die mir immer ihre Geschichten erzählt hatte, die ich dann für meine ausgegeben hatte, war verstummt. Ich hatte mir nie Gedanken darüber gemacht, wer da sprach, nur wo, das wusste ich, genau hinter meinem rechten Ohr. Ich hatte nie gefragt, mir nichts zweimal sagen lassen, sondern immer nur mitgeschrieben, genommen, was ich bekam.
Ich stand auf, ging durch das Zimmer, betrachtete die Regale. Keine Botschaften, die da in den Staub geschrieben waren, weil der Erzähler plötzlich heiser war. Auch kein leises Murmeln aus der Schublade, in der meine unfertigen Texte schliefen, kein blinkender Anrufbeantworter, auf den ein Fremder mit unterdrückter Rufnummer eine Kurzgeschichte gesprochen hatte.
Hallo, wo kam denn diese Idee plötzlich her?
„Wie, Urlaub? Flugzeug verpasst und auf den kurzen Beinen, die Lügen nun mal haben, nicht wieder rechtzeitig im Arbeitszimmer angekommen?“
So hat dich die Schreibblockade doch noch zu einem schönen Beitrag geführt.
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Danke. Die Frage bleibt, wer mir die Geschichten erzählt, die ich dann aufschreibe. Die Vertreter des automatischen Schreibens meinen, dass es immer einen ersten Satz gäbe.
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Dann hoffe ich, dass sich jemand findet.
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Finger auf die Tasten „ASDF JKLÖ“, das lässt mich vermuten, dass du mit zehn Fingern tippen kanst. Und sofort werde ich neidisch, weil ich es im Leben nicht mehr lernen werde und schreiben muss wie andere Leute stempeln, immer einen Buchstaben nach dem anderen. Mit zehn Finger zu schreiben, was ein geheimnisvoller Fremder mit unterdrückter Nummer dir auf den Anrufbeantworter spricht, herrlich!
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Klar, gelernter Kaufmann. Ich konnte sogar mal die Rechenmaschine mit der linken Hand bedienen.
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Das nötigt mir Achtung ab. Ich kann nur das polizeibekannte Terroristensystem: „Jede Sekunde ist mit einem Anschlag zu rechnen:“
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Beim reinen Abschreiben mag das vorteilhaft sein, aber wenn ich einen Text produziere, spielt Geschwindigkeit überhaupt keine Rolle.
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Das ist tröstlich. Obwohl Umbero Eco mal schwärmte, der Computer sei eine „spirituelle Maschine“, weil er damit fast so schnell schreiben könne wie denken. Heutzutage tummeln sich bei Twitter oder Facebook Leute, die können noch schneller schreiben. Da lobe ich mir den Kartoffeldruck.
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Also, wenn es an einem passenden Einstieg mangeln sollte, hätte ich ein paar Vorschläge:
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Seine Tagebucheinträge waren seit Jahren sehr knapp gehalten. „Wie üblich“ war wohl der Häufigste, auch „wie jeder Sonntag“ fand sich oft. Aber nun war die Gelegenheit, die Monotonie seiner Tage einmal zu unterbrechen. Aufzubrechen. Herzklopfen, neue oder längstvergessene Gefühle. Er musste nur zugreifen. Niemand schaute. Keine Kamera, kein Wächter….“
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Als Beatrice am Neujahrstag erwachte, fand sie sich in einen dicklichen, schlecht rasierten Mittfünfziger verwandelt. Ihr Kleid war an allen Nähten gerissen, das Halskettchen schnitt in die Haut und vor allem kniff ihr Schlüpfer ganz erbärmlich. Kniff? Verwirrt und stöhnend richtete sie sich auf. Wo kniff er eigentlich besonders? Herr im Himmel!
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Das Seltsamste aber war die Stille. Kein Laut. Und das auf einem belebten Bahnhof am späten Nachmittag. Doch er war nicht etwa taub; seine eigenen Geräusche waren deutlich zu hören, seine schlurfenden Schritte, der Atem durch seine halbverstopfte Nase. Verstört, aber durchaus nüchtern ging er im Geist alle Möglichkeiten durch. Keine gefiel ihm wirklich.
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Ausgeschlossen. Die wahre Geschichte würde ihr niemand glauben. Sie musste sich etwas anderes ausdenken, und zwar schnell, sehr schnell. Die ihr unbekannte leblose Frau auf dem Teppich hatte sie entdeckt, nachdem sie heimgekehrt war. Weiter wusste sie nichts. Nein, das wäre zu leicht zu widerlegen, allein die Verbindungsdaten auf ihrem Handy… Ein Einbrecher hatte sie… aber wie war er eingebrochen? Sie entschloss sich zu einem sauberen Nervenzusammenbruch. Manchmal half so etwas.
Gern geschehen
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Klasse Anfänge! Seltsamerweise ist es mir immer viel leichter gefallen, eine fremde Idee weiterzuentwickeln, als eine eigene Idee wieder aufzugreifen, die irgendwo in der Schublade schlummerte.
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Na wenn Sie vielleicht Lust hätten, diese fremde Idee weiterzuentwickeln? Brauche da Hilfe
Der verlinkte Film ist, wenn man Französisch spricht und sich an Albernheit nicht stört, übrigens ziemlich unterhaltsam.
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„Ich sah aus dem Fenster. Grün. Ich sah auf den Monitor. Weiß.“ –
So könnte sich eine Fußballgeschichte aus dem schönen Norden entspannen, mit Ausgangspunkt beim SV Werder Bremen. Dann vielleicht über den SV Wilhemshaven (seit Jahrzehnten ohne Kriegsglück) links ab zum ehemaligen Erzrivalen VfB Oldenburg, um dann beim befreundeten VfL Herzlake das Winterlager zu nehmen. Assoziation und Automation, vergangene Spielzeiten und aktuelle Spieltage: keine Videobeweise nötig. Immer noch Kurt Brumme im Ohr.
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