Dave Eggers: „Einer der bedeutendsten Autoren der Gegenwart“. Gut, wenn man verkaufen will, darf man auch schon mal übertreiben. Aber gleich so, wie Amazon das tut? Dann wären The Sweet auch eine der bedeutendsten Bands des zwanzigsten Jahrhunderts, weil sie ordentlich verkauft haben. Stopp, ich werde ungerecht, ich kenne nämlich mehr Musik von The Sweet, als Bücher von Dave Eggers. Ein Umstand, den ich bedauere. Nicht wegen Eggers, nur wegen Sweet. Von Eggers kenne ich nur „The Circle“, den Roman, der inzwischen auch verfilmt wurde und 2017 in die Kinos kam. Den Film habe ich nicht gesehen, vielleicht schaue ich ihn mir an, wenn er mal im TV läuft. Den Roman habe ich wie so oft als Hörbuch gehört.
Als das Buch erschien, konnte man ihm medial praktisch nicht ausweichen. Zeitungen und Zeitschriften, Kultursendungen im Fernsehen, wohin man auch sah, Eggers war da, The Circle war das Thema. Kurz gesagt geht es darum, dass in einer nahen Zukunft ein Internetkonzern entsteht, der praktisch konkurrenzlos ist, etwas, das uns an Google, Apple, Amazon oder Facebook erinnert. Nein, nicht erinnert, sondern andeutet, wohin es mit denen gehen könnte. Eine Datenkrake, eine freundliche, mitarbeiterorientierte Wohlfühlkrake. Ein Unternehmen, das mit seinen Dienstleistungen die Welt beglückt und dafür von Millionen geliebt wird. Selbstverständlich dehnt es seine Einflusssphäre immer weiter aus, bis in die Politik und bis in die letzten Winkel des einst Privaten.
Eggers lässt eine sehr gut ausgebildete, aber völlig naive junge Frau auf dieses Unternehmen los und sie verfällt dem Circle, seiner Idee von Öffentlichkeit und Kontrolle. Mehr ist eigentlich nicht. Ja, ich weiß, auch Romeo und Julia lassen sich auf Boy meets Girl reduzieren. William Shakespeare schrieb aber besser. Und mochte Action.
Eggers entwickelt ein Schreckensszenario, warnt uns vor einer neuen Diktatur der Herrscher über unsere Daten, zeigt aber keine Lösungen, keinen Widerstand auf. In Interviews ergänzte er diese Leerstelle, forderte eine staatliche Kontrolle, Gesetze, nur, lösen wir das Problem, indem wir den Staat mächtiger machen? Geben wir Google unsere Daten, wird Google darüber verfügen, geben wir sie dem kaum weniger sammelwütigen Staat, dann verfügt darüber, wer immer den Staat kontrolliert.
Eine Weile fand ich die Geschichte interessant, dann war klar, wohin die Reise geht und Wendungen gibt es nicht, keine Überraschungen, neue Software, noch mehr Daten, der Zug ist auf die Gleise gesetzt und kennt nur eine Richtung. Die Warnung habe ich verstanden, hatte ich schon vorher vernommen. Dafür brauchte es das Buch nicht. Gut unterhalten hat es mich auch nicht, eigentlich habe ich es nur deshalb zu Ende gehört, weil ich darauf hoffte, dass es einen Akt des Widerstands geben könnte, einen Aufschrei, einen Aufstand und dann, ja, dann ist da etwas, fast ganz am Schluss: ein Manifest, ein paar Punkte, aber das ist enttäuschend. Wenigstens ein paar Internetrebellen, die mit ihren Surfboards den Campus entern und die Piratenfahne hissen, irgendwas an meinetwegen aussichtslosem Kampf, nein, nichts. Aus.
Na ja, der Eggers ist der Sohn der Lehrerin Heidi, Illinois (Zappa, Chicago), und hat mich trotzdem nicht berührt. Dagegen war Ballroom Blitz (The Sweet) für mich ein Hammer, und Blockbuster möchte ich hier nun zum besten geben:
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Und hier noch das Ding meiner Jugend (anderes Jahrhundert):
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Das tönt nach einem typischen Generation Y/Z Roman: Wir wissen oder ahnen zumindest, was da wohl unausweichlich auf uns zukommt. Aber da man ohnehin nichts ändern kann, steigt keiner mehr auf Bartikaden, sondern man verlegt sich auf die Selbstoptimierung und geniess das Leben, so lang es eben geht…
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Versäumt bzw, nur gesungen: 😉
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Immerhin hatte man sich noch so ein bisschen Revolution vorgelebt… vielleicht machen sich die heutigen Jungen einfach weniger Illusionen… oder vielleicht andere wie zum Beispiel: Wir Menschen haben es noch immer irgendwie geschafft und die Zukunft wird es schon richten..
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Ja, diese Grundhaltung erklärt wohl sehr viel. Es ist Gott, der sich ein gutes Ende ausgedacht hat, oder es ist die Geschichte, die ein Ziel hat, einen Zweck. Das tröstet, aber es ändert nichts.
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Nun ja, vielleicht gibt es ja immerhin den Mut und die Kraft, das wenige zu ändern, was man tatsächlich ändern kann… und wer weiss…
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Ja, die Gläubigen der verschiedenen Richtungen, ob nun Religion oder Weltanschauung, haben oft genug aus ihrer Überzeugung auch Kraft gezogen, aber meist doch eher auf ein Ende hin gelebt, auf das Jenseits oder den Kommunismus. Es gibt aber ganz sicher viele Beispiele für Menschen, die aus ihrer Haltung heraus wirklich etwas bewegt haben.
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Als Vertreter der erstgenannten Gruppe ziehe ich sicher Kraft aus dem Vertrauen auf ein gutes Ende, aber meine Sehnsucht und auch meine „Aufgabe“ bestehen darin, im hier und jetzt zu leben und Leben zu wecken.
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Future is the Zukunft. Da stimme ich zu, wie der Vince Ebert auch. 😉
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Ob man nichts ändern kann, da bin ich mir nicht so sicher. Aber vermutlich werden wir nichts ändern, weil es zu mühsam wäre, weil wir uns nicht einig sind, weil…
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Ich gebe ja hier nur den Gen Y Blickwinkel wieder… der in mutloseren Momenten schon einiges für sich hat. Ich denke schon auch, dass sich einiges ändern liesse, aber da müssen wir wohl alle bei uns selber beginnen.
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Unser Wohlstand und unsere Angst vor Veränderung stehen uns da im Weg.
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An deinem Bericht merke ich, wie „ganz anders“ es ist, ein Buch wirklich selbst zu lesen…
und es nicht vorgelesen zu bekommen…
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Das Problem, wie ich es sehe, besteht nicht unbedingt darin, das Buch selbst zu lesen. Hörbücher sind manchmal, eigentlich sogar sehr oft, gekürzt. Das geht für mich überhaupt nicht. Ein guter Vorleser hingegen kann einem Text sehr gut tun und, auch das nicht zu unterschätzen, wenn ich meine Kopfhörer nutze, dann bin ich in der Regel konzentrierter dabei, als wenn ich z. B. im Zug ein Buch lese. Da kann dann eher die Konzentration flöten gehen.
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Im Zug geht Lesen und Hören perfekt,
nicht aber im Auto…
im Bus gerade noch so…
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In den vollen Nahverkehrszügen ist das Lesen oft kein Vergnügen. Zu viele Menschen, zu viel Gerede. Im Bus habe ich mir die Hörbücher angewöhnt. Größer Vorteil des Hörbuchs: Es funktioniert auf dem Bahnsteig und auf dem Fußweg.
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Vielleicht sollte man erst mal die Bedeutung von „bedeutend“ klären.
WAS bedeutend? WEM bedeutend?
Wir sind eh nicht mehr zu retten?
Okay, damit wäre das dann auch geklärt.
Selbstoptimierung! Schon mal jemand auf die Idee gekommen, das als Unwort vorzuschlagen?
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Ich denke, dass Bedeutung sich nur noch am Umsatz messen lässt. Ach, vermutlich stimmt das „nur noch“ nicht. Das war wohl nie anders und erst in der Rückschau mag sich zeigen, dass der eine oder andere Autor noch gelesen wird. Ob das allerdings als Qualitätskriterium viel her gibt, bliebe auch noch zu untersuchen.
Zu retten sind wir nicht, dem kann ich nur zustimmen. Wenn wir uns nicht retten, wer sollte uns retten? Ich halte auch nicht so viel von Kulturpessimismus, vom ständig ausgerufenen Untergang. Aufmerksamkeit oder besser Wachsamkeit sind gefordert, aber es gibt sicher neben den Gefahren des Netzes auch große Möglichkeiten und Chancen.
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Das Netzt ist keinesfalls die größte Gefahr und, wenn überhaupt Gefahr, dann immer nur mittelbar. Die Chancen sind geradezu bestechend, werden aber auch und besonders intensiv von denen genutzt, die ihren eigenen Vorteil daraus ziehen wollen.
Wo habe ich gerade gelesen: Es ist nicht wichtig, wie wir gelebt haben, sondern wie wir das Leben anderer verändert haben? – Ich werde wirklich immer vergesslicher und muss mir alles sofort aufschreiben. Egal. Jedenfalls sehr wahre Worte. Auch ein Autor kann nur so wichtig sein, wie er das Leben (und Denken) anderer verändert hat. Aber es gilt eben nicht nur für Autoren. Es gilt für jeden, der z.B. ein Kind erzieht, und für jeden, der mit anderen Menschen Umgang pflegt. Weiter leben wir nur in dem, was von uns weiter wirkt.
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Die Chance, Einfluss zu nehmen, das Denken anderer zu verändern, ist sicher nie größer gewesen. Aber es war wohl auch noch nie so schwierig, ein bisschen was von der Welt zu verstehen.
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Die Chance, Einfluss zu nehmen, nutzen viele andere auch. Das würde bedeuten, der Einfluss des Einzelnen ist nicht wirklich groß. Aber sicher sind viele verschiedene Einflüsse weniger gefährlich als ein einziger falscher. Genau die Vielzahl der Meinungen ist es denn wohl auch, was die Welt so schwer verständlich zu machen scheint. – Ich hatte mal einen Kollegen, der sagte: Ein gesundes Vorurteil hilft bei der Entscheidungsfindung. Ich weiß genau, was er meinte, und dass er damit recht hatte – in dem Sinne, dass Menschen mit Vorurteilen immer wissen, was sie von etwas zu halten und wie sie sich zu verhalten haben. Das macht die Leute mit den „einfachen Antworten“ gefährlich für Menschen, die die Suche nach den richtigen Antworten ermüdet hat. Nicht müde zu werden, ist die Kunst. Man muss für die Wahrheit brennen, dann bleibt man hoffentlich wach.
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Ich habs da mit dem schönen bedeutenden Wort Wahrheit. „So wahr, daß ich auf die Theke haute.“ Rainald Goetz, immerhin mehrfacher Literaturpreisträger. – – – Und ich denke, alle Unterschiede sind vernünftig nach humanen Kategorien bestimmbar. Freilich nicht von einer Partei, solcher im BT schon gar nicht. Die Wahrheit ist konkret, weiß jeder von uns hier, der mit Kopf lebt. Weshalb auch gute Musik immer unoriginal ist.
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Immer wieder diese Lustlosigkeit beim Lesen von Romanen, in denen es zugeht wie im Kino. Und in welchem Roman geht es nicht so zu?
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Oh, da gäbe es schon einige. Ich mag Filme und ich mag Romane, aber wenn die Verfilmung besser sein soll, als die Romanvorlage, dann ist das eher eine Ausnahme, die nicht für das Buch spricht.
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Die Schule ist aus. Denke ich manchmal: leider. 😉
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Das war nun wieder ein anderer Song… 😉
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Eggers? Nie gehört. Und gut so.
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