Die Bezeichnung Letterdoek für die Stickarbeit der Everdiena Bielefeld zeigt die engen Beziehungen zwischen der Graftschaft Bentheim und den Niederlanden. In anderen Gegenden Deutschlands sind diese Arbeiten unter dem Namen Modeltuch oder Namentücher bekannt geworden. Die Benennung als Merklappen, wie sie in Holland auch gebräuchlich war, zeigt den ursprünglichen Zweck der Stickereien. „Modeltuch wird bey der Nähterei von den Frauenzimmern dasjenige Tuch genannt, worin sie Buchstaben, allerley Figuren, Muster und so fort nach denen gar unterschiedenen Arten deren Stiche… sauber und mit bunter Seiden zu nähen pflegen, die sie sich hernach bey vorkommenden Bedürfnis zu einem Muster dienen lassen, sofern ihnen eine und das andere davon etwa aus dem Gedächtnis entschwunden wäre.“ (Zedlers Universallexikon von 1739, Band 21, Spalte 715)
Sticken war also ein wichtiges Element der Mädchenbildung, denn jedes Mädchen sollte dafür vorbereitet werden, einen ordentlichen Haushalt zu führen. Dazu gehörte es, die Wäsche mit einem Monogramm zu versehen, damit sie nach dem Bleichen auf den Gemeidewiesen wiedergefunden werden konnte. Häufig ging es mit acht Jahren los und mit 14 oder 15 hatte jedes Mädchen mindestens einen Merklappen gestickt.
Spätestens bis zur Heirat war die Aussteuer dann mit den entsprechenden Monogrammen versehen. Das Letterdoek, das Everdiena Bielefeld stickte, ist in diesem Sinne auch kein Merklappen, die aus dem Niederländischen übersetzte Bezeichnung für eine derartige größere Arbeit wäre Prunktuch.
Bei der Beschreibung des Tuchs orientiere ich mich am Heimatkalender Grafschaft Bentheim 1979: ED BF sind Everdiena Bielefelds Initialen. 1901 wurde das Tuch angefertigt.
HBF steht für Harm Bielefeld, GT BF für Getreuda Bielefeld, die Eltern Everdienas. Für die Namen verstorbener Vorfahren wurden manchmal auch schwarze Buchstaben gestickt.
„Sehr auffallend ist das Pantoffelmotiv mit dem Hund darüber.“
Ja, ich habe auch einen Moment gebraucht, um mich von der Vorstellung zu verabschieden, dass da ein großes V dargestellt ist, aber wenn man das erst akzeptiert hat, dann kann man durchaus eine Draufsicht auf einen Pantoffel erkennen, zumindest auf den vorderen Teil eines ziemlich eleganten Pantoffels.
„Der Hund steht für Treue und Wachsamkeit. Symmetrisch daneben an jeder Seite ein Vogel auf einem blühenden Kastanienzweig. Zwei kleine Rosenkränze füllen den Mittelteil. In der unteren linken Ecke ist ein Feldblumenstrauß mit Mohn- und Kornblumen, in der rechten Ecke ein Strauß mit Fuchsien angeordnet. Zwei kleine, sich ansehende Glücksvögel als Symbol für Treue und Eintracht im Haus, sowie eine Fruchtschale als Symbol für Fruchtbarkeit befinden sich neben den Monogrammen der Familie. Die Ränder ebenso wie die Eckornamente sind durch geometrische Muster orientalischen Ursprungs gebildet.“ (H. Borggreve)
So, ab jetzt sehe ich das Letterdoek mit anderen Augen. Naja, vielleicht nicht gleich ab jetzt, aber wenn ich morgen wieder daran vorbeigehe, schaue ich mir die Fruchtschale noch mal genauer an.
Hochinteressant, deine Erklärungen zum Stickdokument!
Auf jeden Fall: ein Prachtexemplar…
Liebe Morgengrüße vom Lu
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Letztlich habe ich mich für die Genauigkeit der Beschreibung entschieden, auch wenn das mal auf Kosten der Unterhaltsamkeit geht.
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Gut so, finde ich!
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Auf einen Pantoffel wäre ich nie gekommen. Ich hatte zunächst auch ein V gesehen und mich dann gefragt, ob es auch ein W sein könnte – in der Mitte vom Hund etwas eingedrückt. Eine interessante Sache. Eine meiner Großtanten besaß ein Stickmustertuch das an einer Schmalseite mit Schlaufen versehen war und die dahinter aufgehängten Geschirrtücher verbarg.
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Sehr interessant – wie schön, dass Du von diesem Tuch berichtest!
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Wie schön fern und doch zum genauen Zuhören höchst geeignet Zedlers Universallexikon. Und warum ein Monogramm: Funktionieren muß die Wäsche beim richtigplazierten Trocknen! Und schlußendlich ist ein Pantoffel wohl bequemer als ein Holzschuh – ein V drauf!
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Ein interessanter Bericht und wie ich lese, hat kaum jemand den Pantoffel erkannt.
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Wer trägt auch noch bestickte Pantoffeln?
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Ich. Angeblich Handarbeit, aber ich glaube eher ein gewiefter Verkäufer.
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