Anschluss

von anonymous Russian artist (http://www.zeller.de) [Public domain], via Wikimedia Commons

Wir haben einen Bahnhof. Also jetzt nicht gleich ein Bahnhofsgebäude. Das ist abgebrannt. Vor zwanzig Jahren, ungefähr. Aber es ist trotzdem ein Bahnhof. Ich habe nachgeschaut.

Nein, nicht am Bahnhof, sondern im Internet.

Ein Bahnhof unterscheidet sich von einem Haltepunkt dadurch, dass dort rangiert werden kann bzw. Züge einander passieren können. Das ist bei uns möglich. Obwohl es eigentlich nicht passiert. Also das Passieren.

Es gibt zwei Bahnsteige, eine Uhr und einen Monitor, der die aktuellen Daten zu den Zügen anzeigt, die zu erwarten sind. Dieser Monitor befindet sich natürlich nicht dort, wo sich die Reisenden aufhalten, sondern am Ende des Bahnsteigs. Zu viel Information ist ja auch manchmal nur schwer zu verarbeiten.

Wir haben auch Lautsprecher auf den Bahnsteigen. Sie funktionieren, das wird regelmäßig getestet. Alle paar Wochen, vielleicht auch öfter, es ist ja nicht so, dass ich ununterbrochen am Bahnhof herumlungere, erfolgen Testdurchsagen, sinngemäßer Wortlaut ungefähr „Das ist eine Testdurchsage.“ Ich nehme an, dass die Lautsprecheranlage dafür angeschafft wurde, also für diese Testdurchsagen, denn sonst wird nie etwas angesagt.

Das der Zug kommt, ist eine Selbstverständlichkeit und wenn er verspätet oder überhaupt nicht kommt, dann merkt man das schließlich, wozu der Hinweis darauf? Würde also durchgesagt, dass der Zug nicht kommt und vielleicht auch nie wieder einer, dann würde einem das doch nur jede Hoffnung nehmen.

Und wenn man etwas braucht, auf dem Bahnhof in Warendorf, dann ist das Hoffnung.

16 Gedanken zu “Anschluss

  1. Ja da sieht man, dass Du kein Berufspendler bist, der sich täglich mit den Lautsprecherdurchsagen wegen verspäteter Züge etc. herumschlagen muss. Ich auch nicht, aber meine Tochter weiß ein Lied davon zu singen. — Vielleicht ist im idyllischen Münsterland ja auch alles anders ….

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  2. Sehr amusant. Der französische Anthropologe Marc Augé zählt Bahnhöfe zu den „Nichtorten“ Nichtorte sind Orte, die man aufsucht, um sie zu verlassen. Eines ihrer Merkmale ist die kommunikative Verwahrlosung. Dafür bietest du mit Anzeigetafeln und Lautsprecheranlage zwei Paradebeispiele.

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  3. Ein Dorf, das sich Warendorf nennt, ist ja auf Waren aller Art geradezu angewiesen.
    Blöd nur, dass diese grundsätzlich mit dem LKW geliefert werden. Weshalb wir der „Testdurchsage“ auf dem Bahnhof eine umso größere Bedeutung beimessen müssen, um diesen nicht der allgemeinen Vergessenheit anheim fallen zu lassen …

    Gefällt 3 Personen

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