Besucht man eine Stadt häufiger, dann ist bei jedem weiteren Besuch immer mehr von dieser Stadt präsent, reichert sich quasi im Gedächtnis an und schafft ein Bild, dass weit über alles hinausgeht, was man gerade sieht und erlebt. So geht es mir mit der Warmoesstraat, die parallel zum Damrak verläuft, der vom Hauptbahnhof direkt zum Schloss und Nationalmonument auf dem Dam führt.
Die Rückseite der Häuser der Warmoesstraat sind links am anderen Ufer eines Gewässers zu sehen, für das ich gerade keinen Namen zur Hand habe. Aber in Amsterdam muss man sich auch nicht über die Gegenwart von Wasser wundern, sondern eher darüber, wie es möglich ist, dass all diese Gebäude hier stehen. Eine Stadt, die auf den Wipfeln eines Waldes steht, wie immer wieder gesagt wird, weil hier nichts ohne Pfähle geht.
Janwillem van de Wetering hat seine Ermittler hier in der bekanntesten Polizeiwache der Niederlande, im bureau Warmoesstraat 44- 50, angesiedelt. Während aber zumindest Leser meiner Generation noch mit Brigadier Rinus de Gier, Grijpstra und dem Commissaris, dessen Namen nie genannt wird, vertraut sind, ist in den Niederlanden Baantjer der prominentere Autor. Albert Cornelis Baantjer war 38 Jahre lang Ermittler im bureau Warmoesstraat und verfasste rund 70 Romane, die zu einer Fernsehserie, ins Englische, einige wenige auch ins Deutsche übersetzt wurden. Sie sollen als leichte niederländische Einstiegslektüre geeignet sein.
Die Polizeiwache Warmoesstraat gibt es nicht mehr, ebenso wie das Hotel Eden, Warmoesstraat 24. Ich habe es nicht überprüft, aber eine Plakette an diesem Haus soll daran erinnern, dass Joseph Roth hier während seiner Amsterdam-Aufenthalte in den dreißiger Jahren immer wieder gewohnt hat. Klaus Mann gehörte ebenfalls zu den Gästen dieses Hotels. Heute befindet sich ein Coffeeshop dort und ein niederländischer Blogger meint: „Als Klaus Mann dat had geweten. Een goede coffeeshop was hem indertijd goed van pas gekomen. Al vanaf 1929 gebruikte Klaus Mann drugs. Van hasj tot morfine en heroïne.“ Auf Deutsch: Wenn das Klaus Mann gewusst hätte! Ein guter Coffeeshop wäre ihm zu jener Zeit gut zupass gekommen. Schon seit 1929 nahm Klaus Mann Drogen. Von Haschisch zu Morphium und Heroin.
Für Joseph Roth gab es in den dreißiger Jahren jedoch auch gute Gründe, sich auf die andere Seite – zum Damrak – übersetzen zu lassen und Allert de Lange zu besuchen. Aber das ist eine andere Geschichte.
Rinus de Gier und Kollegen – deren Fälle habe ich zuhauf gelesen. Kommen mir die Niederlande wegen ihrer Topografie doch sehr vergleichbar mit meiner nordfriesischen Heimat vor.
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Ja. Deiche, Wasser, Wind… das passt schon. Amsterdam hat aber ein deutlich höheres kriminelles Potenzial als … Husum?
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